Angriff auf Jovenel MoïsePräsident von Haiti ermordet
Haitis Präsident Jovenel Moïse wurde in seinem Haus von einem Mordkommando umgebracht. Das meldet der Premierminister des Landes, der nun das Ruder vorübergehend übernimmt.

Der haitianische Präsident Jovenel Moïse wurde von Attentätern in seinem Haus ermordet. Wie der scheidende Regierungschef des Landes, Claude Joseph, am Mittwoch mitteilte, wurde bei dem nächtlichen Angriff auch die Frau des Präsidenten verletzt. Regierungen weltweit reagierten entsetzt auf das Attentat, das die Krise in dem von Instabilität und grosser Armut geprägtem Karibikstaat noch verschärfen könnte.
Joseph erklärte, er habe nun die Verantwortung für die Führung des Landes. Die Bevölkerung rief er dazu auf, die Ruhe zu bewahren. Polizei und Armee würden für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung sorgen. In der Hauptstadt Port-au-Prince war die Situation nach Zeugenaussagen am Mittwoch zunächst ruhig.
Laut Joseph handelte es sich bei den Attentätern um «Ausländer», die Englisch und Spanisch gesprochen hätten. Der Anschlag ereignete sich demnach gegen 01.00 Uhr nachts (Ortszeit, 07.00 Uhr MESZ). Moïses Frau sei mit Verletzungen ins Spital gebracht worden.
Als Reaktion auf den Mordanschlag verkündete die Dominikanische Republik die Schliessung ihrer Grenze zu Haiti. Die Massnahme trete mit sofortiger Wirkung in Kraft, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Die Dominikanische Republik und Haiti liegen auf der Insel Hispaniola in der Karibik.
Bestürzung in aller Welt
International löste der Anschlag auf Moïse Bestürzung aus. Das Weisse Haus verurteilte die Ermordung des Präsidenten als «entsetzlich». Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, erklärte, Washington sei bereit, Ermittlungen zu dem Anschlag zu unterstützen.
«Schockiert und traurig» über den Anschlag auf Moïse zeigte sich der britische Premierminister Boris Johnson. «Dies ist ein abscheulicher Akt und ich rufe in dieser Zeit zur Ruhe auf», schrieb er im Online-Dienst Twitter.
Moïses Ermordung fällt in eine politisch heikle Zeit in Haiti. Der 53-jährige Präsident hatte das Land zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. In den vergangenen vier Jahren wechselte Moïse vier Mal den Regierungschef aus.
Politisch instabile Situation
Erst am Montag hatte er die Ernennung des neuen Regierungschefs Ariel Henry bekannt gegeben, der Joseph nach nur drei Monaten im Amt ablösen sollte. Der 71-jährige Henry, ein in Frankreich ausgebildeter Neurochirurg, hatte bereits in der Vergangenheit Ministerposten in Haiti inne und spielte eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Corona-Pandemie des Landes. Obwohl er der Opposition nahesteht, wurde die geplante Rochade von den meisten Oppositionsparteien kritisiert. Sie verlangten Moïses Rücktritt.
Die Opposition warf dem Präsidenten vor, unrechtmässig an seinem Mandat festzuhalten. Moïse, der sein Amt im Februar 2017 angetreten hatte, hatte stets argumentiert, dass seine Amtszeit regulär im Februar 2022 ende. Seine politischen Gegner widersprachen dem – aus ihrer Sicht lief Moïses Mandat bereits im Februar dieses Jahres aus. Der Streit gründet sich auf die Annullierung des Ergebnisses von Moïses erster Wahl zum Präsidenten aufgrund von Betrugsvorwürfen. Ein Jahr später war er dann erneut zum Staatschef gewählt worden.
Gewalt und bewaffnete Banden
Zu der politischen Krise hinzu kommen die verbreitete Gewalt in Haiti und der wachsende Einfluss bewaffneter Banden. In den vergangenen Monaten mehrten sich in dem ärmsten Land auf dem amerikanischen Kontinent Entführungen und Lösegeldforderungen.
Moïse, der sich vor seinem Eintritt in die Politik einen Namen als erfolgreicher Unternehmer gemacht hatte, war während seines Wahlkampfs mit dem Versprechen angetreten, die Armut zu bekämpfen und das auch von zahlreichen Naturkatastrophen heimgesuchte Land wieder aufzubauen. Kritiker warfen ihm jedoch bis zuletzt vor, die zahlreichen Krisen im Land nicht anzugehen. Auch der UNO-Sicherheitsrat, die USA und die EU hatten zuletzt freie und transparente Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Haiti noch in diesem Jahr gefordert.
AFP/fal
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