Besetzer leisten WiderstandPolizei verhindert «Solidaritätsaktion» auf Juch-Areal
Um Mitternacht läuft das Ultimatum zum Verlassen des besetzten Juch-Areals in Zürich-Altstetten aus. Die Stadtpolizei hat das Gelände bereits am Mittag abgesperrt und weist Personen weg.
Um 24 Uhr heute Freitagnacht läuft das Ultimatum der Stadt Zürich zur Räumung des Juch-Areals ab. Doch bereits am Mittag ist die Stadtpolizei auf dem Gelände präsent und weist Personen vom Areal.
Das frühe Durchgreifen der Polizei habe nichts mit einer allfälligen Räumung des Areals zu tun, sagt Polizeisprecher Marco Cortesi. Sondern mit der Videobotschaft, die die Besetzer veröffentlichten. Darin rufen sie unter dem Motto «Juch bleibt» zur Solidarität auf: «Kommt ab 12.00 vorbei, bringt euren Trash & Friends. Es wird gebastelt & geblieben.» Cortesi sagt, dass der Bundesrat Veranstaltungen wegen des Coronavirus verboten habe. Und gleich wie bei Versammlungen auf dem Sechseläutenplatz dürfe die Polizei eine Abschiedsparty auf dem Juch-Areal nicht zulassen. Bis am späten Nachmittag sprach die Polizei zehn Wegweisungen aus.
Offene Schleichwege
Die weiss-orangen Kastenwagen der Polizei waren ab Mittag gut sichtbar bei den Zugängen parkiert. Die Polizisten hatten allerdings nicht viel zu tun. Sie guckten auf ihre Handys, plauderten miteinander und assen Glace. Auf ihre Rolle angesprochen, sagte einer, dass sie keine Leute aufs Juch-Areal lassen dürften. Mehr könne er auch den Journalisten nicht sagen. Diesen gewährte die Polizei jedoch ungehinderten Zugang zum umzäunten Gelände. Die Besetzer kannten offenbar noch unbewachte Schleichwege: Zwei vermummte Männer fuhren innerhalb von wenigen Minuten beim besetzten Areal vor und verschwanden darin. Einer kletterte behände über den zwei Meter hohen Zaun.
Zwei maskierte Besetzerinnen begrüssten die drei anwesenden Journalistinnen und Journalisten vor dem Eingangstor. Sie waren bereit, ein paar Fragen entgegenzunehmen, die sie im Kollektiv besprachen. Schliesslich beantworteten sie diese nur sehr selektiv. Sie warfen der Stadt vor, den Dialog verweigert zu haben. Sie hätten das Gespräch aktiv gesucht, es sei aber nie zu einem Kontakt gekommen. Im Gegenteil, die Stadt habe immer nur mitgeteilt, was sie entschieden habe. Die Besetzerinnen und Besetzer hätten auch nie zugesichert, das Areal nach Ablauf der Verlängerung freiwillig zu verlassen, sagten die beiden Sprecherinnen. Ob sie bis Mitternacht abziehen würden oder nicht, wollten sie nicht sagen. Anzeichen dafür gab es am Nachmittag nicht.
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Dass die Stadt bereits vor Ablauf des Ultimatums mit einem Polizeiaufgebot vor Ort war, hat gereizte Reaktionen hervorgerufen. In einer gemeinsamen Mitteilung verurteilen SP, Grüne und AL der Stadt Zürich das Vorgehen als «völlig unverhältnismässig und rechtlich unhaltbar». Die FDP hingegen begrüsst, dass die Stadt am «Ultimatum an die Besetzenden des Juch-Areals festhält» und nicht schon wieder eingeknickt sei.
Räumungsdatum auch wegen Corona
Das Sicherheitsdepartement hatte die ursprünglich auf den 24. April angesetzte Frist zum Verlassen des Areals in Zürich-Altstetten kurz vor Ablauf der damaligen Frist in einer überraschenden Kehrtwende bis zum heutigen Datum verlängert. Der Aufschub wurde mit der Begründung gewährt, dass sich auf dem Areal mehr Personen aufhielten als ursprünglich angenommen und dass ein fristgerechter Auszug der Bewohnenden unter den aktuellen Corona-bedingten Einschränkungen und Verhaltensregeln nicht sichergestellt werden könne.
Zumindest ein Teil der Besetzer hat die Frist nun verstreichen lassen: Sie haben sich am Donnerstag in einem Schreiben an die Medien gewandt und bemängeln fehlende «Gründe» für die Räumung. Es gebe noch immer keinerlei Hinweise, dass diese Rechtfertigung – der Platz würde für Bauinstallationen der HRS Real Estate benötigt – haltbar sei.
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Weder der Öffentlichkeit noch der Politik lägen Baupläne vor, aus denen hervorgehe, dass sie das Gelände tatsächlich jetzt sofort für den Bau des danebenliegenden Stadions benötigten.
Zudem würde die Petition zur Erhaltung der Juch-Besetzung mit über 1600 Unterschriften zeigen, «dass die Räumung dem Interesse von vielen Menschen in dieser Stadt widerspricht». Die Besetzer würden aus diesem Areal einen kulturellen Freiraum machen und das Gelände so für die Menschen dieser Stadt öffnen . «Wir wollen bleiben!»
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