Waffensammler zeigt Polizei anDas Rätsel um eine verschwundene Pistole
Der Kantonspolizei Bern kommt eine beschlagnahmte Waffe abhanden. Kann passieren, findet die Staatsanwaltschaft. Anders sieht es das Obergericht.
Wo ist die Walter PP geblieben? Das fragte sich ein Mann aus der Region Bern vergangenen Sommer, als ihm die Kantonspolizei Bern seine Waffensammlung zurückgab. Diese hatten die Beamten der Regionalpolizei Emmental-Oberaargau zweieinhalb Jahre zuvor bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt. Der Verdacht: Verstoss gegen das Waffengesetz.
Bei der Rückgabe der Waffen und der Munition fehlte nun also diese eine Pistole der Marke Walter PP (PP steht für Polizeipistole). Der Mann wusste: Er hatte der Polizei jenes Modell zusammen mit einer anderen Pistole erst nach der Hausdurchsuchung übergeben, und zwar bei seiner Einvernahme auf dem Polizeiposten. So ist es auch im entsprechenden Protokoll vermerkt.
Später wies der Waffensammler mehrere Male darauf hin, dass in den von der Polizei erstellten Protokollen und Materialverzeichnissen die beiden nachträglich eingereichten Pistolen nicht aufgelistet waren. Bei der Rückgabe der Sammlung musste der für Waffen zuständige Fachbereich der Kantonspolizei Bern tatsächlich einräumen, man habe nur eine der beiden Waffen im Lager auffinden können.
Bloss eine Schlamperei?
Das wollte der Mann nicht einfach so hinnehmen. Er reichte Strafanzeige ein unter anderem wegen unrechtmässiger Aneignung. Sein Verdacht: Jemand auf dem Polizeiposten hat das beschlagnahmte Sammlerstück aus der Asservatenkammer entwendet.
Nun landete der Fall bei der Staatsanwaltschaft. Diese fand es jedoch nicht nötig, die Angelegenheit genauer zu untersuchen, und schmetterte die Anzeige ab. Stattdessen verwies sie auf die Möglichkeit eines Staatshaftungsverfahrens, um allfälligen Schadenersatz geltend zu machen.
Für die Staatsanwaltschaft gibt es keine Hinweise darauf, dass jemand die besagte Pistole vorsätzlich mitgehen liess. Vielmehr geht sie davon aus: Das beschlagnahmte Sammlerstück wurde falsch abgelegt oder ging verloren. Es handle sich somit höchstens um eine pflichtwidrige Unvorsichtigkeit ohne strafrechtliche Konsequenzen.
Rüffel für Staatsanwaltschaft
Auch das überzeugte den Waffensammler nicht. Er reichte beim Berner Obergericht Beschwerde ein. Mit Erfolg, wie aus einem kürzlich publizierten Urteil hervorgeht. Der Staatsanwaltschaft wird darin ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Hauptkritikpunkt: Sie schloss von vornherein aus, dass jemand die Waffe entwendet haben könnte – gemäss Gericht ein unzulässiges Vorgehen.
Was die Strafverfolger stattdessen hätten tun sollen: die Namen der involvierten Polizeibeamten ausfindig machen, Befragungen durchführen und versuchen, den Weg der Waffe zu rekonstruieren. Diese Versäumnisse müssen nun nachgeholt werden.
Das Obergericht gibt dem Waffensammler in einem weiteren Punkt recht. Bei der Rückgabe hatte dieser bemängelt, dass sämtliche Bajonette Rost angesetzt und somit an Wert verloren hätten. Sein Verdacht: Die Polizeimitarbeiter haben die Sammlerstücke ohne Handschuhe angefasst – trotz seines expliziten Hinweises, dies nicht zu tun. Auch diese Frage muss aus Sicht des Obergerichts geklärt werden.
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