Prägender SchriftstellerPeter Bichsel ist tot
Der Solothurner Autor ist am Samstag verstorben. Bald wäre er 90 Jahre alt geworden.

Peter Bichsel ist gestorben, wie die «Solothurner Zeitung» berichtet. Seiner Familie zufolge ist er am Samstagmittag friedlich eingeschlafen. Der einflussreiche Schriftsteller wurde 89 Jahre alt. Am 24. März hätte er seinen 90. Geburtstag gefeiert.
Peter Bichsel wurde am 24. März 1935 in Luzern geboren und wuchs in Olten auf. Als Kind wollte der Sohn eines Malermeisters nach eigenen Angaben Förster werden. Aber auch Abenteurer und Clochard wären infrage gekommen. Schriftsteller sei nie sein Berufswunsch gewesen, hatte er einmal gesagt – denn er habe schon immer geglaubt, er sei einer.
Tatsächlich schrieb Bichsel schon als Bub Gedichte und gewann mit zwölf den Schreibwettbewerb einer Frauenzeitschrift. Während seiner Lehrerausbildung veröffentlichte er Gedichte. Bichsel war zwischen 1956 und 1968 als Primarlehrer tätig.
Dem Fortschritt nicht abgeneigt
Besonders emotional wurde Bichsel, wenn es um Sport oder um Politik ging. Er verfolgte die Rennen von Marco Odermatt, fuhr selber aber mit 30 nur noch Ski, weil er es konnte und nicht, weil es ihm Spass machte, wie er der «Solothurner Zeitung» in einem Interview verriet. Gefragt zur aktuellen Weltlage, gab sich Bichsel betrübt, in Donald Trump und Wladimir Putin sah er «zwei narzisstische Bösewichte».
Bichsel verspürte mit Siegerinnen und Siegern Mitleid, weil er wusste, dass Siege Menschen verwandeln. Das galt für ihn aber nicht nur für Sportlerinnen und Sportler, es war auch eine politische Betrachtung: Zur Einwanderungsinitiative der SVP 2014 hatte er geschrieben: «Man hat jene gewählt, die an eine siegreiche Schweiz glauben, die Europa und die Welt in die Knie zwingen wird. Wir haben uns selbst gewählt, und ich fürchte zu Recht – so sind wir.»

Bichsel bedauerte den Verlust von Althergebrachtem, etwa das Verschwinden von Stammbeizen. Zum «Kreuz» in Solothurn, in dem er früher anzutreffen war, sagte er in einem Interview mit dieser Redaktion: «Richtige Beizen gibt es nicht mehr, wo unter Umständen der Direktor einer Firma am gleichen Tisch sitzen konnte wie sein Hilfsarbeiter.» Er störte sich daran, dass sich Menschen in der heutigen Zeit kaum mehr zufällig kennen lernen. Ein Fortschrittsfeind war Bichsel aber nicht. So hatte er ein Smartphone. Was man damit alles machen kann, darüber staunte er – und darüber schrieb er mehrere Kolumnen.
Schlichte Sprache
Der Tod von Peter Bichsel markiert den Verlust eines herausragenden Schweizer Schriftstellers. Er war bekannt für seine einzigartige Art zu sprechen und zu schreiben. Bichsels Kolumnen und Kurzgeschichten zeigten seine Fähigkeit, Komplexität in Einfachheit zu kleiden, was ihm weitherum Ansehen einbrachte. Seine Arbeiten, oft kritisch gegenüber Missständen, bleiben als Vermächtnis. (Lesen Sie dazu unseren Nachruf: Was er schrieb, kann man nicht besser sagen.)
Mit konkreter Poesie habe er angefangen und eigentlich nie aufgehört, sagte Bichsel in Eric Bergkrauts Filmbiografie «Zimmer 202». Besonders gelobt wurde seine kurze Prosa. Prägende Werke waren «Kindergeschichten» von 1969, «Der Busant» aus dem Jahr 1985 und «Zur Stadt Paris» von 1993 oder «Cherubin Hammer und Cherubin Hammer», erschienen 1999. Zuletzt veröffentlichte Bichsel die Erzählbänder «Die schöne Schwester Langeweile» (2023) und «Im Winter muss mit Bananenbäumen etwas geschehen» (2021).
In «Zimmer 202» liess sich Bichsel dazu überreden, zum ersten Mal in seinem Leben nach Paris zu reisen. Zuvor wollte er die Stadt bewusst nicht besuchen, weil er befürchtete, es wäre dann nicht mehr «sein Paris». In der Stadt der Sehnsüchte angekommen, entschied er sich, fast den gesamten Aufenthalt im Hotel zu verbringen – von kurzen Ausflügen abgesehen, etwa auf der Suche nach dem Karussell von Rainer Maria Rilke.
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