Parlament will Schweizer Firmen besser schützen
Dank Abweichlern in der SVP überweist der Nationalrat einen Vorstoss für staatliche Investitionskontrollen – gegen den Willen des Bundesrats.
Was haben Deutschland, Grossbritannien, Italien, Österreich, Spanien, die USA, Kanada, China, Australien, Japan oder Südkorea gemeinsam? Sie kennen alle die Möglichkeit, ausländische Investitionen in ihre Unternehmen einer Kontrolle zu unterziehen. Die Schweiz wird nun nachziehen. (Lesen Sie hier, warum der Entscheid richtig, aber kein Freipass für die Behörden ist.) Der Nationalrat folgte mit 96 gegen 82 Stimmen dem Ständerat und überwies eine Motion, die den Bundesrat dazu zwingt, eine Vorlage auszuarbeiten. Die vorberatende Kommission hatte sich noch dagegen ausgesprochen.
Unterstützung erhielt die Motion von SP, Grünen und der Mitte-Fraktion. Dagegen waren Grünliberale, FDP und die Mehrheit der SVP. Entscheidend waren drei Stimmen für die Motion und sieben Enthaltungen aus der SVP. Ohne diese Abweichler von der offiziellen Parteilinie wäre der Vorstoss abgelehnt worden. Ebenfalls gegen die Vorlage kämpfte Bundesrat Guy Parmelin. Der Bundesrat anerkenne, dass es ein Problem gebe, aber die heutige Gesetzgebung lasse ein Einschreiten bereits zu, weshalb eine zusätzliche Behörde keine Vorteile bringe.
«Es kann nicht sein, dass Wissen aus der Schweiz abgezügelt und von anderen umgesetzt wird.»
Ganz anders sah das CVP-Nationalrat Leo Müller. Bei der Motion gehe es um «staatlich gelenkte, staatlich motivierte Übernahmen», sagte er, «und diese sollen gezielt kontrolliert werden können». Andere Länder hätten dafür sehr viel Geld zur Verfügung gestellt. Es könne ja nicht sein, dass die Schweiz staatliche Mittel in Forschung und Innovation investiere, und dass dieses Wissen später «abgezügelt und von anderen umgesetzt wird». Die Schweiz sei ganz besonders gefährdet, fand Müller. So habe China im Jahr 2016 45 Milliarden Dollar in der Schweiz investiert, 5 Milliarden mehr als in ganz Rest-Europa zusammen.
13 Staaten führen Investitionskontrollen ein
Auch die EU sorgt sich über Chinas Expansionsdrang. Sie hat vor einem Jahr Übernahmekontrollen in Kraft gesetzt. Sie sind eine Ergänzung zu den Regeln, die mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten schon teilweise seit Jahren haben, und die in vielen Fällen jüngst verschärft wurden.
So dehnte Frankreich 2018 seine Übernahmeregeln auf weitere Sektoren wie die Roboterindustrie aus. Ende 2018 weitete Deutschland seine Investitionskontrollen auf kritische Infrastrukturen und Medien aus. Auch Grossbritannien weitete seine Kontrollmöglichkeiten vor kurzem aus.
Gemäss der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung wurden von 2011 bis 2019 in 13 Staaten Investitionskontrollen eingeführt und in 15 Ländern die bestehenden Regeln zum Teil mehrfach verschärft. Die Schwelle, ab der eine Transaktion untersucht wird, liegt dabei unterschiedlich hoch.
In Frankreich wird beispielsweise eine Transaktion ab einer Beteiligung 33 Prozent untersucht, in Australien, das gegenüber China besonders exponiert ist, bereits ab 5 Prozent. Dort wird die Kontrolle bei einer Beteiligung von 10, 20 und 40 Prozent wiederholt.
Bei den Gesetzesverschärfungen gibt es zwei Trends: In den meisten Fällen wurde der Geltungsbereich von nationalen Sicherheitsinteressen auf Infrastrukturen und Schlüsseltechnologien ausgeweitet oder die Meldepflichten des ausländischen Investors wurden verschärft.
Parmelin warnte vergeblich
Das hat Folgen: Die UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung zählte weltweit zwischen 2016 und September 2019 zwanzig Fälle, in denen Staaten Investitionen tatsächlich unterbunden haben. Dabei handelte es sich fast ausschliesslich um Investoren aus China. Die meisten Fälle blockierten die USA. Aber auch die Niederlande, Neuseeland, Australien und Kanada haben chinesischen Investoren den Zugang verwehrt. Der Wert dieser Transaktionen belief sich auf insgesamt 162,5 Milliarden Dollar.
Am meisten Untersuchungen gab es 2018 in Kanada (751), gefolgt von Australien (633) und den USA (229). Seit 2015 hat die Zahl der Untersuchungen weltweit stark zugenommen. In Italien beispielsweise um 255 Prozent, in den USA um 160 Prozent.
Bundesrat Guy Parmelin warnte vergeblich davor, dass der Bund einen grossen Apparat aufziehen müsse, was zu administrativer Mehrbelastung bei den Unternehmen führen werde. Die Befürworter konterten, es sei am Bundesrat, eine schlanke, aber wirkungsvolle Investitionskontrolle auszuarbeiten. Es gehe nicht um ein Verbot von Investitionen. «Aber es geht darum, staatlich motivierte Investitionen mit dem Ziel, Wissen aus der Schweiz abzutransportieren, zu verhindern», sagte Leo Müller.
Wenn es nach ihm geht, müsste man sich rasch an die Arbeit machen. «Der Bundesrat hat das Problem ja selber erkannt», sagt er. «Er muss nun rasch vorwärtsmachen und die Vorlage so schnell wie möglich bringen.»
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