HCD-Präsident nach Spengler-Cup-Absage«Ohne die öffentliche Hand hätten wir keine Chance, zu überleben»
Gaudenz Domenig sagt, wie der HC Davos die nächste Schreckensmeldung verkraften will. Und was er von einer allfälligen Olympia-Teilnahme seiner Spieler hält.
Wie im vergangenen Jahr muss der Spengler-Cup abgesagt werden. Wiegt die Absage in wirklich letzter Minute finanziell noch schwerer?
Ja. Ende August und Anfang September mussten wir entscheiden, ob wir die grossen Investitionen tätigen wollen. Im letzten Jahr hatten wir wegen der vielen Fragezeichen schon zu diesem Zeitpunkt entschieden, das Turnier abzusagen. Diesmal waren wir hoffnungsvoll und erstellten alle Infrastruktur. Die Lage war im Spätsommer ja etwas besser, und wir hofften, dass das Schlimmste überstanden sei. Wir waren bis am Schluss optimistisch und voll bereit. Der Spengler-Cup 2021 wäre zwar wegen einiger Einschränkungen etwas unter dem «courant normal» gewesen, aber insgesamt eine klar profitable Veranstaltung. Natürlich hatten wir entsprechend unserer Planung Auslagen. Jetzt brechen uns die Einnahmen komplett ein.
Was erhoffen Sie sich nun von der öffentlichen Hand?
Wir fallen mit dem Spengler-Cup unter den Schutzschirm des Kantons Graubünden, und dieser wird uns helfen, einen Teil der Auslagen zu ersetzen. Dieser Schutzschirm wurde noch nie verwendet und ist mit Unsicherheiten behaftet, wir können deshalb keine Zahlen nennen. Sicher ist: Die Hilfe wird nicht reichen, um alles zu decken.
«Natürlich werden wir – soweit möglich – auch Bund und Gemeinde angehen wegen Unterstützung.»
Ist dieser Schutzschirm aber dennoch ein wichtiges Instrument?
Ja. Schon im September, als wir Ja oder Nein sagen mussten, war er für unseren Entscheid zentral. Wir wussten, dass wir damit immerhin einen Teil des Verlusts decken können, falls es wegen der Fortdauer der Pandemie erneut zu einer Absage kommen sollte. Natürlich werden wir – soweit möglich – auch Bund und Gemeinde angehen wegen Unterstützung.
Schon vor der Spengler-Cup-Absage war es für den HC Davos kein einfaches Jahr.
Das stimmt. Wir haben es zwar begrüsst, dass in der Liga 2-G eingeführt wurde, das gibt den Zuschauern eine gewisse Sicherheit. Wir sind aber aufgrund unserer geografischen Lage ohnehin der Club mit den wenigsten Zuschauern, zudem sind wir eine Gegend mit einer relativ tiefen Impfquote. Das war aber alles noch im Bereich, den wir irgendwie noch managen können, nach der erneuten Absage des Spengler-Cups ist jedoch klar: Ohne die öffentliche Hand hätten wir keine Chance, zu überleben. Im Vorjahr haben fast 50 Prozent der Saisonkarteninhaber auf Rabatte verzichtet, auch bei ihnen werden wir erneut anklopfen müssen und natürlich auch bei den Supporterclubs und den Aktionären.
«Wir würden unsere Spieler für die Olympischen Spiele nicht blockieren, ich würde aber jeden verstehen, der nicht gehen will.»
Nach zwei Absagen in Serie: Wie gehen Sie mit dem Turnier im nächsten Jahr um?
Ganz nach dem Motto: jetzt erst recht. Im Januar oder Februar werden wir mit den potenziellen Teilnehmern reden, und natürlich stehen jene Teams im Vordergrund, die jetzt dabei gewesen wären. Die Schweden von Frölunda hätten wir ja schon lange gerne dabei gehabt, nun können sie zum zweiten Mal hintereinander nicht mitmachen. Mitte Jahr möchten wir dann das Teilnehmerfeld bekannt geben. Wir hoffen, dass die Pandemie so weit vorbei geht, dass wir uns im Spätsommer nicht noch einmal die Frage nach den grossen Investitionen stellen müssen. 2022 wollen wir den besten Spengler-Cup der Geschichte organisieren – aber das ist ja jedes Jahr unsere Ambition.
Wenn Sie aus den letzten Wochen etwas Positives mitnehmen können, dann ist das wohl die Solidaritätsaktion des SC Bern, des EHC Biel und der SCL Tigers, die Ihnen eine «Bern Selection» zur Verfügung gestellt hätten.
Das hat mich enorm berührt und war grossartig. Dafür gebührt den Präsidenten und CEOs der drei Clubs sowie Raeto Raffainer (SCB-Sportchef und früher für den HC Davos tätig, Red.) grosser Dank. Für mich war das ein Highlight in diesen schwierigen Zeiten und im Schweizer Eishockey generell und hat mich extrem positiv überrascht. Ich habe nun grosse Hoffnung, dass künftig auch andere Probleme innerhalb der Liga solidarisch angegangen werden können.
Abschliessend eine Frage zu Olympia: Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie daran denken, dass in einem knappen Monat vielleicht Davoser Spieler wie Enzo Corvi, Andres Ambühl oder Magnus Nygren an die Spiele nach Peking reisen?
Ich denke, die NHL hat mit ihrem Rückzug recht. Man muss tendenziell vorsichtig sein. Die Olympischen Spiele in Peking sind ohnehin eine fragwürdige Veranstaltung, so, wie sich China in den letzten Jahren positioniert hat. Mit normalen Spielen werden diese kaum etwas zu tun haben, alles, was positiv ist, wie der gemeinsame Austausch und wahrscheinlich auch jegliche Zuschauerunterstützung, wird wegfallen. Wir werden unsere Spieler nicht blockieren, ich würde aber jeden verstehen, der nicht gehen will. Generell sollte sich das Internationale Olympische Komitee überlegen, ob eine Durchführung der Spiele unter den aktuellen Bedingungen überhaupt Sinn machen kann oder ob beispielsweise eine Verschiebung um ein Jahr besser wäre.
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