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Russische Schattenflotte
Drei Schiffe sichern manövrierunfähigen Öltanker – Sturm erschwert Situation

Grosses Tankschiff entlädt am Meer, begleitet von mehreren kleinen Booten.
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Ein unter der Flagge Panamas fahrender Öltanker ist mehrere Stunden manövrierunfähig vor Rügen in der Ostsee getrieben – deutsche Einsatzkräfte sicherten am Nachmittag das Schiff. Die mit 99’000 Tonnen Öl beladene Eventin wurde zunächst vom Notfallschlepper Bremen Fighter an den Haken genommen und sollte in einen Hafen geschleppt werden – wohin, war zunächst unklar. Doch die Aktion wurde durch einen schweren Sturm erschwert, weshalb noch zwei zusätzliche Schiffe hingeschickt wurden. Inzwischen wird die 274 Meter lange und 48 Meter breite Eventin aus Sicherheitsgründen nach Osten gezogen. Man habe dann in Richtung Süden etwas mehr freies Seegebiet, falls etwas Unvorhergesehenes passiere, sagte der Sprecher des Havariekommandos.

Der Schleppverband sei mit ein bis zwei Knoten (1,85 – 3,7 km/h) sehr langsam unterwegs, erklärte der Sprecher in der Nacht zu Samstag. Knapp 25 Kilometer sollen zurückgelegt werden. Das Manöver werde deshalb voraussichtlich acht Stunden dauern.

Laut der Umweltorganisation Greenpeace zählt das 2006 gebaute Schiff zur sogenannten russischen Schattenflotte. Mit solchen Schiffen wird russisches Öl exportiert. Gemäss einer Resolution der UN-Schifffahrtsorganisation IMO gehören unter anderem Schiffe einer «Schattenflotte» an, die eingesetzt werden, um Sanktionen zu umgehen.

Maschinenausfall

Grund für den Zwischenfall nördlich von Rügen war gemäss den Angaben ein Maschinenausfall. Weshalb es dazu kam, sei noch unklar, hiess es am Nachmittag. Eine Gefahr für die Umwelt bestehe nicht. Das Schiff sei dicht, sagte eine Sprecherin. Auch für die Besatzung des Tankers besteht demnach keine Gefahr. Die 24 Seeleute seien an Bord und blieben auch da, eine Evakuierung sei nicht nötig.

Unterwegs von Russland nach Ägypten

Nach Angaben des Tracking-Dienstes Vesselfinder war der Tanker auf dem Weg von Ust-Luga (Russland) nach Port Said (Ägypten). Das Havariekommando sprach von mässigem bis frischem Wind. Die Behörden schickten das Mehrzweckschiff Arkona der Wasserstrassen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sowie den Notschlepper Bremen Fighter zu dem Havaristen.

Die Ostsee gehört zu den am meisten befahrenen Meeren der Welt. Täglich sind auf dem Binnenmeer mehr als 2000 Schiffe unterwegs, wie das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde mitteilte.

Scharfe Kritik von Baerbock

Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock warf Russland vor, mit seiner Schattenflotte schwere Umweltschäden in Kauf zu nehmen und zugleich den Tourismus zu gefährden. «Mit dem ruchlosen Einsatz einer Flotte von rostigen Tankern umgeht Putin nicht nur die Sanktionen, sondern nimmt auch billigend in Kauf, dass der Tourismus an der Ostsee zum Erliegen kommt – sei es im Baltikum, in Polen oder bei uns», sagte die Grünen-Politikerin und bezog sich damit auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

«Russland gefährdet unsere europäische Sicherheit nicht nur mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern auch mit durchtrennten Kabeln, verschobenen Grenzbojen, Desinformationskampagnen, GPS-Störsendern und eben auch mit maroden Öltankern.» Genau vor diesem Szenario habe sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Ostseeraum immer wieder gewarnt.

Reaktionen aus Litauen

Erst Mitte Oktober hatte es einen Zwischenfall mit einem Tanker vor Mecklenburg-Vorpommerns Küste gegeben. Das kleine Öltankschiff Annika brannte auf der Ostsee in Sichtweite der Küste. Das Schiff war auf dem Weg von Rostock nach Travemünde, als am 11. Oktober rund 4,5 Kilometer vor dem Ostseebad Heiligendamm an Bord Feuer ausbrach. Nach ersten Löscharbeiten auf See war das 73 Meter lange und 12 Meter breite Schiff von Schleppern in den Rostocker Überseehafen bugsiert worden. Öl trat bei dem Zwischenfall nicht aus.

Nach dem Vorfall kamen Reaktionen auch aus dem Ausland. Litauens Aussenminister Kestutis Budrys sprach sich für ein entschiedeneres Vorgehen und weitere Massnahmen gegen Russlands Schattenflotte aus. «Die Ostsee ist das wichtigste Tor für Russlands Ölexporte, und das müssen wir unterbinden», sagte er bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Zugleich sei die Schattenflotte ein «Instrument in den Hybridaktivitäten» und stelle eine Bedrohung für die Umwelt dar.

Greenpeace: «Schrottreife Tanker von den russischen Ölhäfen»

Die Umweltorganisation Greenpeace hat nach der Havarie des Öltankers Eventin vor den Gefahren der russischen Schattenflotte gewarnt. «Die Eventin ist nur das jüngste Beispiel dafür, wie die Schiffe der russischen Schattenflotte tagtäglich die Ostseeküste bedrohen», sagte Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack. «Jeden Tag fahren schrottreife Tanker von den russischen Ölhäfen Primorsk und Ust-Luga Richtung Südwesten.»

Das jüngste Sanktionspaket der EU sei zwar ein wichtiger Schritt, reiche aber längst nicht, um die Ostsee zu schützen. «Wir fordern die EU auf, auf Basis der Greenpeace-Liste der gefährlichsten Öltanker weitere, dringend notwendige Sanktionen zu beschliessen», so Maack. «Ein Ölunfall in der Ostsee wäre eine Katastrophe für die hier lebenden Meeressäuger, Seevögel sowie weitere Arten und würde ihren Lebensraum stark gefährden.»

DPA/sas