Überraschung am London-MarathonNichts mehr zu lächeln für Eliud Kipchoge
Erstmals seit sieben Jahren wird der Weltrekordhalter in einem Marathon geschlagen – Shura Kitata und Brigid Kosgei siegen in London, Kipchoge kämpft mit ungewohnten Problemen.

Die Fotos mit den drei Schnellsten waren bereits gemacht, als Eliud Kipchoge als Achter im Ziel auf der Londoner Mall eintraf. Hatte es das in seiner Marathon-Karriere schon einmal gegeben? Fast schon eine müssige Frage, denn der Olympiasieger und Weltrekordhalter aus Kenia ist erstmals seit sieben Jahren wieder bezwungen worden. Der Dominator der längsten Distanz Achter? In einem Rennen, das mässig schnell und deshalb taktisch verlief? Bei schwierigen, kühlen und nassen Bedingungen zwar, denen er aber keinerlei Schuld geben mochte.
Als der Äthiopier Kenenisa Bekele am Freitag für das Prestigeduell der Nummer 1, Kipchoge, gegen die Nummer 2, Bekele, wegen einer Wadenverletzung forfait geben musste, schien klar: Der fünfte Sieg Kipchoges in London ist Formsache. Zumal er auf einer Strecke wie jener um den St.-James-Park wohl den Vorteil hat, einen solchen Rundkurs-Marathon vom Weltrekordversuch im vergangenen Jahr in Wien bereits zu kennen.
Fast ein Adidas-Sieg
Doch es kam alles anders. Und selbst die Antwort auf die Frage nach dem besten Schuh war zuletzt nicht mehr eindeutig. Der Zweite von 2018, Shura Kitata aus Äthiopien, hatte erst in einem Endspurt den Kenianer Vincent Kipchumba in 2:05:41 Stunden noch um eine Sekunde distanziert. Fast wäre es einer der raren Siege von Adidas gegen Nike geworden.
Als die Spitze die Halbmarathon-Marke in knapp 63 Minuten passierte, stellte sich die erste Frage zu Kipchoge: War das die Zeit, die er sich von den Tempomachern gewünscht hatte? Zwei Tage zuvor war noch von 61 Minuten die Rede gewesen. Als der sonst immer Lächelnde kurz danach seine Verpflegungsflasche verpasste, kamen erste Zweifel auf: Fehlt es Kipchoge an der üblicherweise maximalen Konzentration? Und als seine drei Pacemaker ausgestiegen waren und das Tempo leicht verschärft wurde, fiel er in der Neunerspitze sogar zurück.
Es war der Wendepunkt in diesem für ihn ganz untypischen Marathon, wie er später erklärte. Kipchoge pflegt sonst das Geschehen von der Spitze aus zu kontrollieren – wenn es überhaupt noch etwas zu kontrollieren gibt und er sich nicht schon zu weit abgesetzt hat.
Mein rechtes Ohr war blockiert, ich konnte nichts hören. Das passierte zum ersten Mal.
Schlotternd und sichtlich schockiert erklärte er später gegenüber BBC, er sei «sehr enttäuscht». «Mein rechtes Ohr war blockiert, ich konnte nichts hören.» Als ihn die Moderatorin fragte, ob dies etwas sei, was ihn in den vergangenen Wochen schon behindert habe, verneinte er. «Das passierte zum ersten Mal. Und zu diesem Problem kamen Krämpfe auf der rechten Seite. Auf den letzten 15 Kilometern habe ich damit gekämpft.»
In 2:06:49 verlor er mehr als eine Minute auf Sieger Kitata und war auch langsamer als bei seinem Marathon-Debüt 2013 in Hamburg. Seine zehn Siege in Serie seit dem Triumph in Rotterdam 2014 und sein Weltrekord in 2:01:39 (2018 in Berlin) haben ihn unantastbar gemacht. Dass er der erste Mensch ist, der die 42,195 km in weniger als zwei Stunden zurücklegte (wenngleich nicht regelkonform), hatte ihm den Nimbus des Unschlagbaren eingebracht.
Kosgei souverän, Hall überraschend
Diesen hat er nun verloren. Trotz eigens für ihn in den kenianischen Farben angefertigten Schuhen. Aber vielleicht zeigt gerade die gestrige Verletzlichkeit, auf welch unfassbar hohem Niveau er sich in den vergangenen Jahren bewegte. Und weiter bewegen will. Denn die Frage, ob noch mehr Marathons in ihm stecken, schien er erst gar nicht zu verstehen, um dann zu antworten: «Natürlich. Ich bin immer noch hier und komme zurück.»
Im Rennen der Frauen siegte erwartungsgemäss Weltrekordhalterin Brigid Kosgei in 2:18:58. Überraschungsläuferin aber war die Amerikanerin Sara Hall, die auf den letzten Metern noch Weltmeisterin Chepngetich abfing und in 2:22:01 eine persönliche Bestzeit lief. Erst fünf Amerikanerinnen waren schneller.
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