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Nahost-Konflikt
Netanyahu will vor dem US-Regierungswechsel Fakten schaffen

Hier sollen umstrittene Siedlungen gebaut werden: Ein Mann hält in Givat Hamatos eine israelische Flagge hoch.
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Kurz vor dem Präsidentenwechsel in Washington treibt Israels Regierung noch einmal den Siedlungsbau voran. Die israelische Landbehörde veröffentlichte dazu eine Ausschreibung für den Bau von mehr als 1200 Wohnungen im annektierten Ostteil von Jerusalem. Es handelt sich dabei um ein seit Jahren besonders umkämpftes Siedlungsbauprojekt in Givat Hamatos, mit dem den Kritikern zufolge die Verbindung zwischen dem arabischen Ost-Jerusalem, das die Palästinenser als Hauptstadt ihres erhofften Staats beanspruchen, und Bethlehem im Westjordanland gekappt werden könnte.

Von den Europäern kommt sogleich deutlicher Protest gegen diese Siedlungspläne. Sie könnten zudem zu einer ersten Kraftprobe zwischen Israel und der künftigen US-Regierung unter Präsident Joe Biden werden. Doch der Unterstützung der noch amtierenden Regierung von Donald Trump darf sich die Jerusalemer Führung sicher sein. Die Ausschreibung für das Wohnungsbauprojekt erfolgte unmittelbar vor einer für diese Woche angekündigten Visite von US-Aussenminister Mike Pompeo in Israel. Als eine Art Abschiedsgeschenk plant er Berichten zufolge bei seinem Aufenthalt auch einen Besuch in einer israelischen Siedlung im Westjordanland, was bislang noch kein amerikanischer Aussenminister getan hat.

Eine rote Linie überschritten

Das Bauprojekt in Givat Hamatos schürt bereits seit Jahren Streit. 2014 war es nach heftiger Kritik der USA und der EU, die beide Israel vor der Überschreitung einer roten Linie warnten, zunächst zurückgestellt worden. Im Februar dieses Jahres hatte Premierminister Benjamin Netanyahu jedoch im Wahlkampf eine Wiederaufnahme der Pläne versprochen. Nun folgt mit der Ausschreibung ein erster Schritt zum Vollzug.

Die Zeitung «Haaretz» hatte vergangene Woche berichtet, die Landbehörde und die Jerusalemer Stadtverwaltung würden nun neue Siedlungsvorhaben beschleunigen, um noch die Zeit zu nutzen, bis der Wahlverlierer Trump die Macht an Biden abgeben muss. In seinen vier Amtsjahren hatte Trump Israels Regierung auf diesem Feld weitgehend freie Hand gelassen. Biden dagegen hat in seiner gesamten politischen Karriere nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Siedlungsbau in den seit 1967 besetzten Gebieten für völkerrechtswidrig und für ein Hindernis auf dem Weg zur angestrebten Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern sieht.

Den Standpunkt der Trump-Regierung wird Aussenminister Pompeo noch einmal bei seinem anstehenden Besuch in Israel unterstreichen. Pompeo hatte im vorigen November offiziell mit der jahrzehntelangen US-Politik gebrochen, als er erklärte, der Siedlungsbau verstosse aus Sicht der Washingtoner Regierung «nicht per se gegen internationales Recht».

Trump hat Kultstatus bei den Siedlern

In Siedlerkreisen haben Trump und er spätestens damit Heldenstatus erlangt. Zum Dank hat beispielsweise ein Weingut aus der israelischen Siedlung Psagot die Marke «Pompeo» ins Angebot genommen. Ebendieses Weingut, das zuvor einen Streit um die Herkunftsbezeichnung vor dem Europäischen Gerichtshof verloren hatte, will Pompeo nun nach übereinstimmenden israelischen Medienberichten persönlich besuchen.

Auch wenn dieser Plan offiziell noch nicht bestätigt wurde, hat ein Sprecher von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas dies bereits als «Provokation gegen das palästinensische Volk und seine Führung» gegeisselt. Auf ebenso heftige Kritik stossen in Ramallah auch die neuen Siedlungsbaupläne in Givat Hamatos. Premierminister Mohammed Staje spricht von einem «gefährlichen Präzedenzfall». Die israelische Menschenrechtsorganisation Peace Now sieht in dem geplanten Bauvorhaben sogar «einen tödlichen Schlag für die Friedenssuche und die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung».

Ein Zeichen des Protests

Aufgeschreckt durch die Wiederaufnahme des lange verzögerten Projekts in Givat Hamatos setzten die Europäer ein Zeichen des Protests. Am Ort der geplanten Siedlungsbauten fanden sich am Montagmorgen rund ein Dutzend Gesandte aus EU-Ländern ein, angeführt vom deutschen EU-Vertreter in den Palästinensergebieten, Sven Kühn von Burgsdorff. Einen unangenehmen Empfang bereitete ihnen dort eine Gruppe Demonstranten, von denen die europäischen Diplomaten einem Video zufolge als «Antisemiten» beschimpft und aufgefordert wurden, in ihre Heimatländer zu verschwinden.