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Neudatierung von Funden
Neandertaler verschwanden in Europa früher als vermutet

Ober- und Unterkiefer eines Neandertalers aus der belgischen Höhle Spy.
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Die Neandertaler verschwanden in Europa offenbar deutlich früher als bisher vermutet. Die Neudatierung von Funden aus Belgien deutet darauf hin, dass die nächsten Verwandten des Menschen zumindest in Nordwesteuropa schon vor 40’000 Jahren ausgestorben waren. Die im Fachblatt «PNAS» publizierte Studie zeigt, wie knifflig die Datierung solcher Funde ist.

Neandertaler bewohnten Europa und Teile Asiens schon lange, bevor der moderne Mensch Afrika verliess. «Wann Neandertaler aus Eurasien verschwanden und wann der moderne Mensch ankam, ist eine Schlüsselfrage der Paläoanthropologie», schreibt das Team um Thibault Devièse von der Oxford University und Grégory Abrams von der Universität Leiden. Für Aufsehen, aber auch Zweifel hatten vor allem Datierungen von Funden aus der belgischen Höhle Spy gesorgt, die im 19. Jahrhundert geborgen worden waren.

Forscher datierten Aminosäure aus dem Kollagen von Knochen

So wurde für ein Schulterblatt (Spy 572a) wiederholt mit der Radiocarbon-Methode (C14) ein Alter von etwa 24’000 Jahren bestimmt – später dann von knapp 32’000 Jahren. «Diese Datierungen erscheinen für Neandertaler extrem jung, sodass eine Verunreinigung vermutet wurde», schreibt das Team.

Die Forscher datierten nun Funde aus drei belgischen Höhlen neu. Dabei nutzten sie zwar auch die C14-Methode, konzentrierten sich aber auf eine einzelne Substanz – um den Einfluss von Verunreinigungen weitgehend auszuschliessen. Bei dem CSRA-Verfahren (Compound-specific radiocarbon analysis) datieren sie die Aminosäure Hydroxyprolin (HYP), die aus dem Kollagen von Knochen isoliert wird und nur bei Säugetieren vorkommt. «Die Extraktion und Datierung von HYP bietet ein Mass an Zuverlässigkeit, das die anderen Methoden nicht erreichen», schreiben die Forscher. Allerdings ist die Schwankungsbreite mit teils einigen Tausend Jahren recht gross.

So korrigierten sie das Alter eines Wirbelfragments aus Spy von etwa 36’000 auf knapp 42’000 Jahre. Ein ähnliches Alter wurde für einen Knochen bestimmt, der zuvor als knapp 34’000 Jahre alt galt. Ein Zahn aus der Höhle Engis – zuvor auf etwa 27’000 und auf 30’000 Jahre datiert – ist demnach etwa 40’000 Jahre alt, ebenso wie ein Oberschenkel aus der Höhle Fonds-de-Forêt.

«Die möglichen Ursachen dieses Aussterbens könnten mit Klimawandel, Wettbewerb und Inzucht zusammenhängen.»

Team um Thibault Devièse von der Oxford University und Grégory Abrams von der Universität Leiden

Aus den neuen Daten erstellten die Forscher ein Modell, demzufolge Neandertaler in Nordwesteuropa mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (95,4 Prozent) schon vor 44’200 bis 40’400 Jahren verschwanden – «viel früher als bisher angenommen». «Die möglichen Ursachen dieses Aussterbens könnten mit Klimawandel, Wettbewerb und Inzucht zusammenhängen», schreiben sie.

Lesen Sie dazu: Die neusten Forschungen bestätigen, dass der Neandertaler eng mit uns verwandt war.

In anderen Regionen wie Frankreich, Spanien und Rumänien lebten Neandertaler demnach möglicherweise noch vor 40’000 Jahren oder vielleicht sogar noch etwas länger. Der moderne Mensch erreichte Europa nach bisherigem Kenntnisstand etwas früher: Die ältesten Funde aus Italien und Bulgarien sind etwa 45’000 und 47’000 Jahre alt.

«Derzeit scheint eine lange Phase der Überschneidung mit dem modernen Menschen offenkundig», schreiben die Wissenschaftler. Allerdings sollten alle Funde mit dem CSRA-Verfahren in Kombination mit DNA-Analysen neu datiert werden, raten sie. Das gelte vor allem für besonders auffällige Befunde.