Abfischung in OberriedenNaturfreunde retten Dutzende Krebse aus vertrocknetem Bach
Die Krebse im Oberriedner Grenzbach kämpften um ihr Überleben. Um sie zu retten, haben Naturschützer in einer Nachtaktion die Tiere abgefischt. Einfach war das nicht.
Beim Grenzbach zwischen Oberrieden und Thalwil lud Rolf Schatz grosse Taschenlampen und Plastikeimer aus seinem Auto. Der Experte für Gewässerschutz, in anderer Funktion auch Gemeinderat in Langnau, war aber nicht allein. Auf ihn warteten am Freitagabend gegen 21 Uhr an der Mettlistrasse auf der Oberriedner Seite des Bachs schon Peter Schneider, Anwohner des Bächleins, sowie Gabriel Schatz, Dima Anischenko und Noah Kniestedt vom Fischer-Verein Thalwil.
Die Freiwilligen übernahmen die Utensilien zur Rettung der nachtaktiven Krebse, die im ausgetrockneten Bach um ihr Überleben kämpften. Sofort machten sie sich zielstrebig an die Arbeit, um die Tiere abzufischen.
Für manche kam die Hilfe zu spät
Zu verdanken ist die Aktion dem Oberriedner Naturliebhaber Peter Schneider. Er kontaktierte kürzlich die Fischerei- und Jagdverwaltung des Kantons Zürich und informierte sie über den Notstand der Steinkrebse im Grenzbach. Die Hitze trocknete den Bach in den letzten Wochen derart aus, dass das Wasser fast komplett versiegte.
Schneider hatte bereits einige tote Tiere entdeckt. Das bedrückt ihn sehr. «Ich bedaure, dass die Biodiversität in der heutigen Zeit je länger, je mehr abnimmt», sagt er. Die Vielfalt in der Natur müsse erhalten bleiben.
Gut getarnt im Bachbett
Nach Schneiders Kontaktnahme reagierte der Kanton und beauftragte den Experten Rolf Schatz, der zusammen mit den freiwilligen Helfern zugunsten der kleinen und geschützten Krebse aktiv wurde. Auch die Gemeinde Oberrieden zeigte sich kooperativ: Für den Abend, an dem die Krebse abgefischt wurden, liess sie ab dem obersten Hydranten des Baches vermehrt Wasser hinunterlaufen. Das erleichterte den Männern, die in der dunklen Nacht für ihre Arbeit mehr als eine Stunde am Bächlein lagen oder knieten, den Einsatz.
Die Krebse, die im ausgetrockneten Bachbett nach einem letzten Rest Feuchtigkeit in kleinen Höhlen und unter Steinen gesucht hatten, wurden durch das Wasser aus dem Hydranten aus ihren Verstecken hervorgelockt. Mit einem vorsichtigen Griff nahmen die Helfer die Krebse mit blosser Hand aus dem Bach, um sie dann sorgfältig in einen Eimer zu legen.
Im Licht der Taschenlampen waren die Bewegungen der Tiere besser erkennbar. Es brauchte aber ein gutes Auge der Naturfreunde, denn die maximal zehn bis zwölf Zentimeter grossen Tiere sind gut getarnt. Ihre meistens hellbraune oder graubraune Farbe unterscheidet sich kaum vom Bachbett. Nur die hellen Scherenunterseiten der Krebse erleichtern die Suche.
Zeit für ein neues Zuhause
Rolf Schatz vermutet, dass im Grenzbach zurzeit eine Population von rund 100 Steinkrebsen lebt. Er sagt: «Ich bin aber schon glücklich, wenn wir rund 30 Tiere finden und umsiedeln können.» Neu ist für ihn die Notlage der Steinkrebse nicht: Bereits im Hitzesommer 2018 mussten Tiere abgefischt werden. Damals wurden sie in Becken in der Fischzucht des Fischer-Vereins Thalwil «zwischengelagert» und Ende Herbst wieder in den Grenzbach zurückgebracht.
Laut Rolf Schatz macht dies in diesem Jahr aber keinen Sinn. Er sagt: «Da der Grenzbach regelmässig zu wenig Wasser führt, werden wir die Steinkrebse im Chrebsbach, der ebenfalls auf dem Gemeindegebiet von Oberrieden und Thalwil liegt, aussetzen.» Der dortige Zufluss zum Waldweiher eigne sich besser für die Tiere, denn er führe stets genügend Wasser. Es gebe dort zudem bereits eine kleinere Steinkrebspopulation.
Die Steinkrebse zu retten, hat denn auch einen Vorteil für andere Bachbewohner. Für das Ökosystem im Gewässer übernehmen sie nämlich eine wichtige Funktion, indem sie etwa die Artenvielfalt der Kleinstlebewesen stärken.
Nach langer und intensiver Suche fanden die Helfer schliesslich gar 46 Steinkrebse im Grenzbach. Erfreut schaut sich die Gruppe die Tiere in den Wassereimern genauer an. Dann wurden die Steinkrebse per Auto rund vier Kilometer ans andere Ende der Gemeinde zum Chrebsbach gefahren. Dort setzten Rolf Schatz und sein Team sie an verschiedenen Orten im Bach aus. Kurz vor Mitternacht konnte die Expedition zugunsten der bedrohten Krebse im dunklen Wald beendet werden.
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