Nachruf auf ZSC-Legende Pio ParoliniDer fliegende Engadiner, der mit dem Tram ans Spiel fuhr
Mit seinen rasanten Sturmläufen riss Pio Parolini in den 1960er-Jahren die Zuschauer im Hallenstadion von den Sitzen. Doch ausgerechnet der einzige Titel blieb ihm verwehrt.
Pio Parolini war an einem geschichtsträchtigen Tag Captain des Eishockey-Nationalteams. Die Schweizer gastierten am 22. November 1963 in München zu einem Länderspiel gegen Deutschland, als sich im Verlaufe des Spiels die Kunde von der Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy verbreitete. Die Nachricht war für alle ein Schock, und Parolini drängte in der zweiten Pause auf den Abbruch des Spiels. Was dann auch geschah. Viel zu gewinnen gab es für die Schweizer an jenem Abend ohnehin nicht. Sie lagen schon 0:6 zurück.
Parolini war damals 23, hatte bereits zwei Weltmeisterschaften bestritten und vertrat die Schweiz Anfang 1964 auch an den Olympischen Spielen in Innsbruck, wo er gegen die damals übermächtige Tschechoslowakei sogar ein Tor schoss. Das war es dann auch mit seiner internationalen Karriere. Denn seine Arbeit als Geschäftsführer einer Spenglerei in Adliswil liess keine längeren Absenzen mehr zu. So wurde der Engadiner vor allem bekannt als Publikumsliebling des ZSC. Von 1960 bis 1969 stürmte er für die Zürcher, ehe er seine sportliche Karriere in Basel ausklingen liess.
«Pioooo», hallte es jeweils durchs Hallenstadion, wenn der pfeilschnelle Bündner nach vorne stürmte. «Er war ein genialer Läufer und riss die Mannschaft mit seiner dynamischen Art mit», schwärmt Peter Meier, der sieben Jahre mit Parolini und Kurt Loher im gleichen Sturm spielte. Der 82-Jährige erzählt: «Loher war der Spielmacher mit den feinen Händen, Parolini trug den Puck nach vorne, und ich musste schauen, dass ich in der Nähe des Tores stand, um ihn reinzumachen.»
Das ärgerliche Wartejahr
Den ZSC-Meistertitel 1961, der für den Stadtclub für quälende 39 Jahre der letzte sein sollte, verpasste Parolini aber. Weil er 1960 von St. Moritz zu den Zürchern gewechselt war, musste er wie damals üblich ein Wartejahr absolvieren. Er durfte nur im Cup mitspielen, den der ZSC ebenfalls gewann. Er sei um eines seiner besten Jahre gebracht worden, ärgerte sich Parolini noch Jahre später. Doch er nahm das Wartejahr in Kauf, wegen der besseren beruflichen und sportlichen Perspektiven im Unterland.
Zu verdienen gab es damals mit dem Eishockey noch nichts. Und weil sich die Spieler nicht gross aufwärmten, fuhr Parolini jeweils mit dem Tram gleichzeitig mit den Zuschauern zum Hallenstadion. Er habe ihn immer um seinen melodiösen Namen beneidet, sagt Meier. Weil er ebenfalls als Spengler arbeitete und zu jener Zeit sein eigenes Geschäft aufbaute, hätten sie nicht nur auf dem Eis, sondern auch beruflich miteinander zu tun gehabt.
Nach seiner Aktivkarriere war Parolini auch als Funktionär im Basler Eishockey tätig. Mit 83 Jahren ist der gebürtige St. Moritzer diese Woche verstorben.
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