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Was wir lesen
Nach der Lektüre sieht man Tiere mit anderen Augen

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Wer es leid ist, vom Leid der Tiere zu lesen, findet in «Schwein und Zeit» eine echte Alternative. In diesem Buch dreht der Wiener Philosoph Fahim Amir die Sache um und betrachtet Tiere nicht als Opfer, sondern als wirkmächtige Akteure der Geschichte.

In einer Mischung aus historischer Analyse und philosophischer Betrachtung geht Amir Momenten nach, in denen sich tierlicher Eigenwille nachweisen lässt. Gelungen ist ihm so eine Zusammenstellung unterhaltsamer Erzählungen mit politischer Schlagkraft, weil man Tiere nach der Lektüre mit anderen Augen sieht.

Im Cincinnati des 19. Jahrhunderts etwa gab es zahlreiche Versuche, den Schlachtungsprozess zu automatisieren. Diese scheiterten jedoch regelmässig am Widerwillen der zu schlachtenden Schweine; etwa wenn es darum ging, sie auf schräge Ebenen oder in enge Gänge zu zwängen. Um solche Widerstände zu überwinden, brauchte man technische Lösungen. Eine dieser Lösungen bestand darin, Schienen an den Decken von Schlachthöfen anzubringen, an denen die Schweinekadaver an deren Eigengewicht durch den Produktionsprozess transportiert werden konnten. Henry Ford, der einige Jahrzehnte später den modernen Arbeitsprozess revolutionierte, soll die Idee zu seinen Fliessbandanlagen erst nach Betrachtung dieser Schienen gekommen sein.

Es geht aber nicht nur um Schweine. Man liest auch von Vögeln, die Zigarettenstummel zum Nestbau verwenden (um den Nachwuchs vor Parasiten zu schützen), oder von Malariastechmücken, die durch ihren Bewegungsraum koloniale Städteplanung bestimmten. Diese Tiere sind wie die Schweine nicht einfach Opfer, es sind aber auch keine Helden. Denn erst – so Amirs ethische Grundüberlegung – wenn wir jenseits solcher Gegensätze denken, können wir zu echter Solidarität übergehen.