Messerangriff auf orthodoxen Juden in ZürichRegierungspräsident Mario Fehr: «Für mich ist das ein Terroranschlag»
Nach der Attacke eines 15-Jährigen auf einen 50-jährigen Zürcher traten am Montagnachmittag Politiker, Polizeichefs und ein Vertreter vom jüdischen Gemeinschaftsbund vor die Presse.
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Das Wichtigste in Kürze:
Der Täter stammt nicht aus der Stadt Zürich.
Täter und Opfer haben sich vor dem Angriff nicht gekannt.
Die Tat war antisemitistisch motiviert.
Mario Fehr spricht in Bezug auf das Alter des Täters und der Hefigkeit der Tat von einer «neuen Dimension».
Die Stadt Zürich hat den Polizeischutz für jüdische Einrichtungen seit Sonntag und bis auf Weiteres mit «stehenden Bewachungen» verstärkt.
Wir sind jederzeit für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger da
Zum Abschluss der Medienkonferenz bekundet Mario Fehr im Namen der gesamten Regierung sein Mitgefühl mit den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. «Wir sind jederzeit für Sie da.»
Wir bedanken uns dafür, dass Sie die Medienkonferenz bei uns mitverfolgt haben.

Wohnort des Täters
Der Täter dürfte keinen direkten Bezug zu seinem Opfer gehabt haben. Der Täter ist nicht aus der Stadt Zürich. Das Verfahren dürfte von der Jugendstaatsanwaltschaft Unterland geführt werden.
Passanten hätten Tod verhindert
Jonathan Kreutner bestätigt, dass weitere Personen bedroht worden seien. Und diese hätten dazu beigetragen, dass das Opfer am Leben geblieben sei.
Das Opfer hatte offenbar nach dem Besuch der Synagoge bei Angehörigen geklingelt. Als es nach einer gewissen Zeit nicht in der Wohnung auftauchte, schauten die Angehörigen am Eingang nach und fanden das Opfer.
Alter des Straftäters
Mario Fehr spricht in Bezug auf das Alter des Täters von einer noch nie da gewesenen Enthemmung gegenüber eines jüdischen Mitmenschen. Das war ein Mordversuch, mit übler Gesinnung.
Wegen des Alters wird der Teenager nach dem Jugendstrafrechts verurteilt. Mario Fehr kann sich vorstellen, dass diesbezüglich eine neue Debatte zur Verschärfung des Jugendstrafrechts angestossen wird.
Häufung des Antisemitismus
Seit dem Oktober bis Ende 2023 berichtet die jüdische Gemeinschaft über eine Häufung von physischen antisemitischen Attacken, wie Jonathan Kreutner ausführt. Der Vorfall vom Samstag sei aber in seiner Qualität «von einer anderen Dimension».
Zunahme von Messerattacken
Polizei und Politik bestätigen die Zunahme von Messerattacken. Ein Messer diene oft dazu, sich verteidigen zu können.
Mario Fehr stellt aber klar: «Dieser junge Mann wollte sich nicht verteidigen, sondern gezielt eine Person oder mehrere Personen mit jüdischem Hintergrund angreifen. Das war eine klar antisemitisch motivierte Tat.»
Einzeltäter sind das grösste Problem
Die Frage steht im Raum, wie der Jugendliche radikalisiert worden ist. Mario Fehr weist darauf hin, dass dies derzeit Gegenstand der Ermittlungen sei. Wenn er ohne Netzwerk radikalisiert worden war, sei die Ermittlung sehr viel schwieriger.
Andreas Moschin, Chef Sicherheitspolizei, Kantonspolizei Zürich, sagt: «Das grösste Risiko für uns besteht bei Fällen, die sich als Einzeltäter radikalisieren.» Diese Täter würden mit einer greifbaren Waffe wie mit einem Messer zur Tat greifen.
Die Polizei räumt zudem ein, ihr fehle teilweise die Handhabe, in geschlossene Chatrooms einzugreifen.
Jonathan Kreutner: «Das ist ein aussergewöhnlicher Angriff für Europa»
Jonathan Kreutner, Generalsekretär vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, informiert über den Gesundheitszustand des Opfers. Er hatte kurz vor der Pressekonferenz Kontakt mit dem Opfer. Es gehe ihm besser, die Verletzungen seien aber schwerwiegend.

Für Kreutner ist der Angriff nicht nur ein Angriff auf Zürich. Sondern es sei auch ein Angriff auf die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz und in Europa und auf das friedliche Zusammenleben überhaupt.
Das Sicherheitsempfinden der jüdischen Gemeinschaft sei bereits seit dem Terrorangriff im Oktober unter Druck. Die Gemeinschaft werde sich aber deswegen nicht verstecken, sondern für ein friedliches Zusammenleben kämpfen. Der SIG will sich in den nächsten Wochen auch auf Bundesebene gegen Antisemitismus einsetzen.
Stadtpolizei macht «stehende Bewachungen»
Die Stadtpolizei hat in der Nacht auf Sonntag die Task Force «Naher Osten» reaktiviert. Sie wurde im vergangenen Herbst nach dem Terrorangriff der Hamas ins Leben gerufen.
Seit Sonntagmorgen werden die jüdischen Einrichtungen mit stehenden Bewachungen geschützt. Der Schutz werde so lange wie nötig aufrecht erhalten.
Karin Rykart: «Ich verurteile die Tat aufs Schärfste»
Im Namen der Stadt verurteilt Karin Rykart die Tat aufs Schärfste. Die Gedanken der ganzen Stadtregierung sei bei der betroffenen Familie.
Rykart informiert auch darüber, dass die Stadtpolizei seit Samstagnacht den Polizeischutz bei den 17 Einrichtungen in der Stadt verstärkt habe.
Regierungspräsident Mario Fehr: «Für mich ist das ein Terroranschlag»
Regierungspräsident Mario Fehr spricht im Zusammenhang mit der Attacke von einer feigen Tat. Aus seiner Sicht ist es ein «Terroranschlag», weil ein Mitbürger aus religiösen Gründen auf einen anderen eingestochen habe.
Es sei nicht nur ein Anschlag auf die jüdische Gemeinschaft, sondern auch auf das friedliche Zusammenleben in der Stadt.
Behörden stufen Video als authentisch ein
Fehr nimmt Bezug auf das Bekennervideo. Es zeuge von einer Radikalisierung. Für die Behörden ist es authentisch und Gegenstand der laufenden Ermittlungen der Jugendstaatsanwaltschaft.
Der Regierungsrat wünscht dem Opfer alles Gute.
Die Reaktionen
Als Reaktion auf die Tat hatten sich am Sonntag nahe des Tatorts Hunderte Personen mit gelben Schirmen versammelt, um gegen Antisemitismus zu demonstrieren. Der Zürcher Rabbiner Noam Hertig sagte im Rahmen der Mahnwache: «Wir lassen uns nicht einschüchtern und fordern eine öffentliche Verurteilung dieses Terrorakts.»

Am Sonntagabend bezog auch die Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) Stellung zum Vorfall. Unter dem Titel «Nicht in unserem Namen!» verurteilt sie die Tat und ruft dazu auf, sich mit lauter Stimme von jegliche Art von Gewalt zu distanzieren.
Ebenfalls am Sonntag veranlasste Regierungsrat Mario Fehr einen stärkeren Polizeischutz von jüdischen Institutionen im Kanton.
Im Kantonsrat am Montagmorgen war die Tat ebenfalls Thema und führte zu einem Eklat. Nach einem Votum des SVP-Politikers Tobias Weidmann zum Antisemitismus verliess die linke Fraktion geschlossen den Saal. Sonja Rueff-Frenkel, FDP-Politikerin und selbst Jüdin, sagte im Ratssaal: «So etwas habe ich noch nie erlebt.»
Zur Tat äusserte sich auch der neue Bundesrat Beat Jans. Am Rande eines Treffens in Brüssel sagte er, er verurteile die Tat scharf.
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Der Täter
Beim 15-jährigen Täter handelt es sich laut dem jüdischen Wochenmagazin «Tachles» um einen Schweizer mit tunesischen Wurzeln. Er wurde 2011 eingebürgert. Er soll sich hierzulande radikalisiert haben. Passanten berichteten, der Jugendliche habe am Tatort gerufen: «Ich bin Schweizer. Ich bin Muslim. Ich bin hier, um Juden zu töten.»
Mittlerweile ist auch ein Bekennervideo aufgetaucht, in dem der Teenager seine Tat ankündigte. Darin stellt sich der Tatverdächtige als «Ahmad Al-D.» vor und bekennt sich zum «Islamischen Staat» (ISIS). Das teilt die US-amerikanische Terrorismusexpertin Rita Katz in einem Online-Netzwerk mit und bestätigt auch ein Übersetzer dieser Redaktion. «ISIS hat sich bisher nicht zu dem Anschlag (in Zürich, Anm.) bekannt und auch kein Video über seine Nachrichtenagentur Amaq veröffentlicht», schreibt Katz.
Der wohl selbstgewählte Name «Al-D.» soll soviel wie «der Schlächter» bedeuten. Mehrere Medienberichte verweisen auf Familienangehörige des Opfers, die den Jugendlichen im Video als Täter vom Samstagabend wiedererkannt haben sollen.
Der 15-Jährige scheint in dem Video einen Text abzulesen. Dabei ruft er Muslime dazu auf, Gewalttaten gegen «Ungläublige» zu verüben, wobei er nicht nur von Juden, sondern explizit auch von Christen spricht. Mitleid für seine Taten würde er keines empfinden, so wie laut seiner Darstellung «Juden kein Mitleid mit Palästina» hätten.
Offenbar könnte der Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der damit ausgelöste Krieg im palästinensischen Gazastreifen eine Rolle bei der Radikalisierung des 15-Jährigen gespielt haben. Die Videobotschaft wirkt abgelesen und wirr auf den Übersetzer. Dabei zitiert der Jugendliche auch aus dem Koran.
Die Polizei liess gleich nach der Tat verlauten, sie ermittle explizit auch zu einem möglichen antisemitisch motivierten Verbrechen.
Ob der Täter bereits wieder auf freiem Fuss ist oder sich noch in Untersuchungshaft befindet, ist laut «Blick» unklar. Die Oberstaatsanwaltschaft äusserte sich mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren nicht dazu.
Angriff am Samstagabend
Am Samstagabend kurz nach 21.30 Uhr hat ein 15-Jähriger an der Ecke Brandschenkestrasse/Selnaustrasse im Zürcher Enge-Quartier einen orthodoxen Juden mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Die Polizei konnte den Täter noch am Tatort festnehmen.
Das 50-jährige Opfer musste im Spital notoperiert werden und schwebte noch am Sonntag in Lebensgefahr. Mittlerweile hat sich sein Zustand verbessert, er muss aber weiterhin intensiv im Spital gepflegt werden.
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