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Vorstoss junger Katholiken
Muss Gott umbenannt werden?

Ist da was, und wie soll es heissen? Lichtspiel in Zabriskie Point in Kalifornien.
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Gottvater trägt grauweiss-gelocktes Haar, einen langen Bart, die Stirn ist zerfurcht. So hat sich Michelangelo im 16. Jahrhundert den Allmächtigen vorgestellt, so ist er verewigt an der Decke der Sixtinischen Kapelle in Rom, wo seit Jahrhunderten Kardinäle die Päpste wählen und dabei auf Beistand durch den Heiligen Geist hoffen. Auch viele andere Kunstwerke zeigen Gott als alten, weissen Mann mit Rauschebart.

Aber ist diese Darstellung denn noch zeitgemäss? Diese Frage treibt seit einiger Zeit auch katholische Jugendverbände um. Nun hat die deutsche Katholische junge Gemeinde (KjG) auf ihrer Bundesversammlung in Düsseldorf mit Mehrheit beschlossen, Gott in ihren Dokumenten und Veröffentlichungen künftig mit einem Pluszeichen zu versehen.

«Gott+» soll es also heissen.

Was klingt wie das Upgrade eines Handyvertrags, soll der «Vielzahl von Gottesbildern» Rechnung tragen, so die KjG. «Die Vorstellung von Gott+ als altem, weissem Mann mit Bart greift theologisch zu kurz und erschwert vielen jungen Menschen den Zugang zu Gott+», so heisst es in dem Beschluss. Unklar ist noch, wie «Gott+» ausgesprochen werden soll – neben «Gott plus» sei auch eine kurze Sprechpause nach «Gott» denkbar. Ebenfalls in der Diskussion war die Schreibweise «Gott*» mit Gendersternchen am Ende.

Weisshaarig und mit Rauschebart: So malte Michelangelo vor mehr als 500 Jahren Gott an der Decke der Sixtinischen Kapelle.

In der Schweiz scheint die Diskussion bei jungen christlichen Verbänden noch nicht geführt zu werden. «Auf Stufe Dachverband gibt es aktuell keine Auseinandersetzung diesbezüglich», sagt Felix Furrer vom Cevi Schweiz. Ob und inwiefern es Bestrebungen auf regionaler oder lokaler Ebene gibt, sei ihm nicht bekannt. «Wir sehen die Auseinandersetzung mit Fragen zum Glauben grundsätzlich positiv», sagt Furrer. So stünde es auch im Grundlagenpapier der christlichen Jugendbewegung.

Die Bibel ist ein vor allem von Männern verfasstes Buch, in einer über Jahrhunderte hinweg von Männern geprägten Zeit. Die Diskussion darüber, wie mit dem männlich geprägten Gottesbild umgegangen werden soll, ist nicht neu.

Auch die Bibel nennt verschiedene Gottesbilder: Gott ist Fels, Burg, Mutter und Vater.

Die 2006 erschienene und viel gescholtene «Bibel in gerechter Sprache» übersetzte den nach jüdischer Tradition unaussprechlichen Eigennamen Gottes JHWH – anders als die Luther-Bibel – deshalb nicht durchgängig mit «Herr», sondern variierte die Bezeichnungen: «Der Ewige» oder «Die Ewige» ist dort zu lesen oder auch «ErSie». Die Übersetzerinnen und Übersetzer schossen dabei, wie viele Theologen kritisierten, auch übers Ziel hinaus. Einer der Grundgedanken hinter der Neuübersetzung aber war ähnlich dem der KjG: Gott ist nicht der alte weisse Mann mit Bart, Gott ist mehr. Wie lässt sich dem Rechnung tragen?

Vermutlich gar nicht, jedenfalls nicht mit Mitteln menschlicher Sprache: «Du sollst dir kein Gottesbild machen», heisst es im 2. Buch Mose zu Beginn der Zehn Gebote.

Gott lässt sich in keine Kategorie stecken. Er ist und bleibt ein Geheimnis, grösser als die menschliche Vernunft. Natürlich machen sich Menschen trotzdem Bilder von Gott. Auch die Bibel selbst nennt viele verschiedene Gottesbilder: Gott ist Fels, Burg, Mutter und Vater. Aber alle menschlichen Vorstellungen machen Gott eben auch klein. Auch ein Plus, auch ein Sternchen. In der Bibel, in Exodus 3, Vers 14, nennt Gott sich selbst so: «Ich bin, der ich bin.» Und das genügt.


 Dieser Text ist erstmals am 7. April 2022 erschienen. Wir publizieren ihn zum Osterwochenende erneut.