Geldberater: Der Marktschrei(b)erMit Givaudan auf den Geschmack kommen
Temenos muss liefern +++ Basilea steht vor Meilensteinen +++ Luzerner Kantonalbank hat mehr verdient +++ Risikoreiche Coinbase.
Givaudan: Halten
Givaudan zählt zu den Attraktionen am Schweizer Aktienmarkt. Was ich am Hersteller von Aromen und Duftstoffen für Kunden aus dem Nahrungsmittel- und dem Getränkesektor sowie aus der Körper- und der Haushaltspflege mag, ist die Kombination aus Widerstandskraft, Leistungsvermögen und Perspektiven. Widerstandskraft, wie in der Corona-Krise an den Tag gelegt, Leistungsvermögen, wie in der Historie der Finanzzahlen ausgedrückt, und Perspektiven, wie aus einer erfolgreichen Strategie und günstigen Markttrends abgeleitet. Dazu kommt eine stetig steigende Dividende. Bis 2025 stellt Givaudan im jährlichen Schnitt ein organisches Wachstum von 4 bis 5 Prozent in Aussicht sowie einen freien Cashflow von über 12 Prozent des Umsatzes. Das halte ich für machbar. Im ersten Quartal 2021 betrug das organische Wachstum 7,7 Prozent. Aber Sie ahnen es: Es gibt einen Haken: Die Aktien sind teuer, Anleger zahlen für sie einen hohen Aufschlag. Die stolze Bewertung kann den Kursverlauf beeinträchtigen. Ich selbst würde die Titel heute deshalb nicht kaufen, aber sorglos hüten. Halten
Temenos: Halten
Die Anleger sind sich uneins, wie es mit Temenos weitergeht. Nach einem desolaten Corona-Jahr, in dem Bankkunden ihre IT-Projekte aufschoben, musste der Bankensoftware-Anbieter untendurch. Einige Analysten haben sich von der strukturellen Wachstumsstory verabschiedet. Die Genfer selbst blicken aber voller Zuversicht nach vorn, und das, obschon Software immer mehr im Subskriptionsmodell statt über Lizenzen abgesetzt wird. Das macht Umsätze planbar, drückt aber zunächst auf die Profitabilität. Das ursprüngliche Wachstum soll jedenfalls bald wieder Vorkrisenniveau erreichen, die Profitabilität mittelfristig mit 41 Prozent Ebit-Marge deutlich höher liegen. Die Börse traut Temenos viel zu, die Aktien haben sich in den letzten drei Monaten um ein Drittel verteuert – da liegt eine Enttäuschung kommende Woche bei Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal nicht drin. Ich bin nach wie vor vom Geschäftsmodell überzeugt – und auch die ambitionierten Ziele sind in Reichweite. Doch mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 41 für 2021 sind die Papiere überdurchschnittlich hoch bewertet. Zum Aufstocken ist nicht der richtige Zeitpunkt. Halten
Basilea: Kaufen
Basilea zählt zu den etwas speziellen Biotechunternehmen. Die ehemalige Roche-Tochter hat, im Unterschied zu den meisten kleineren Firmen der Branche, Produkte auf dem Markt. Ein Antibiotikum und ein Antipilzmittel dürften 2021 mindestens 108 Millionen Franken Direktumsatz einbringen. Trotzdem ist Basilea noch einiges von der Gewinnschwelle entfernt. Das Unternehmen forscht an Wirkstoffen und entwickelt parallel Wirkstoffe im Bereich der Krebsbekämpfung. Allein das kostet um die 100 Millionen Franken pro Jahr. Bald wird es spannend. 2021 und 2022 stehen etliche Meilensteine bei klinischen Studien bevor. Zum Teil betreffen sie die für die Zulassung eines Medikaments entscheidende Phase III, zum Teil Phase II. Weil Basilea Gebiete mit hohem medizinischen Nutzen abdeckt, könnten schon Phase-II-Resultate den Durchbruch bedeuten, falls die Behörden eine beschleunigte Zulassung bewilligen. Positive Resultate werden den Aktienkurs beflügeln. Er hat jüngst gelitten, nachdem das Unternehmen eine Kapitalerhöhung mit Discount und ohne Bezugsrecht der Altaktionäre durchführte. Kaufen
Luzerner Kantonalbank
Letzten August habe ich über die Aktien der Luzerner Kantonalbank (LUKB) geschrieben, sie seien günstig bewertet. Seither hat die Bank die Analysten mehrmals positiv überrascht, ist auf hohem Niveau nochmals kosteneffizienter geworden und hat die Mittel- und Langfristziele angehoben. Und der Kurs? Liegt magere 13 Prozent höher. Gut, für eine Kantonalbank ist das ordentlich, bewegen sich deren Valoren doch teilweise überhaupt nicht. Doch die LUKB verdient mehr. Warum, das hat sie im ersten Quartal gezeigt. 27 Prozent mehr Ertrag, 47 Prozent mehr Gewinn vor Reserven und Steuern, ein nach drei Monaten aufgestocktes Gewinnziel und eine ideale Ausgangslage für weiteres Wachstum. Die Bank versteht es, ausserhalb ihres Stammgeschäfts die richtigen Weichen zu stellen und gleichzeitig die Kostendisziplin hochzuhalten. Ich bin sicher, dass sich die Qualitäten der LUKB, an deren Rentabilität übrigens nur wenige andere Kantonalbanken heranreichen, über kurz oder lang auch im Kurs stärker niederschlagen. Kaufen
Coinbase: Meiden
Auf einen Schlag gibt es an der amerikanischen Börse einen neuen Finanzriesen: Coinbase handelt nach dem Börsengang (IPO) am Mittwoch mit einer Marktkapitalisierung von 86 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Das Unternehmen ist damit 50 Prozent wertvoller als die UBS. Was ist das Geschäftsmodell von Coinbase? Dort kann man Bitcoin und andere Kryptowährungen wie Ethereum handeln. Der Chef von Coinbase, Brian Armstrong, gehört dank der Papiergewinne von mehreren Milliarden nun zu den reichsten Menschen der Welt. Der Kurs war am ersten Handelstag hochvolatil: Kurzzeitig notierte die Aktie 70 Prozent über dem IPO-Preis, dann ging es um ein Viertel runter. Ich nehme an, dass die Volatilität ein Begleiter für Investoren bleiben wird, denn das Unternehmen hängt direkt am Hype um die Kryptowährungen. Es profitiert von Kommissionen beim Handel. Das bedeutet: Wer Coinbase kauft, der trägt ein ähnliches Risiko wie beim Kauf von Bitcoin und Co. Für mich ist aber klar, dass ein Kauf von Krypto reine Spekulation bleibt – trotz der atemberaubenden Kursgewinne. Meiden
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch.
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