Mehr Schlaf für JugendlicheZürcher Linke wollen Schulbeginn auf 8 Uhr verschieben
In der Stadt Zürich sollen Sekschülerinnen und Sekschüler eine halbe Stunde länger schlafen. Das gefällt nicht allen, auch der Stadtrat stellt sich quer.
Es ist wissenschaftlich unbestritten: Wenn Kinder in die Pubertät kommen, verschiebt sich ihr Schlaf-wach-Rhythmus. Am Abend sind sie länger wach, und am Morgen kommen sie schlechter aus dem Bett. Bei Kindern in diesem Alter sind deshalb die frühen Schulstunden besonders unproduktiv.
In der Zürcher Politik hat es deswegen schon verschiedene Vorstösse für einen späteren Schulbeginn gegeben. Keiner war bisher erfolgreich.
Diese Woche ist im Stadtzürcher Gemeinderat ein weiterer eingegangen. Die Fraktionen von SP, Grünen und AL verlangen in einer parlamentarischen Initiative (PI), dass in öffentlichen Sekundarschulen der Unterricht frühestens um 8 Uhr beginnen darf. Heute startet die erste Lektion in den meisten Schulen schon um 7.30 Uhr.
Gestaffelte Einführung
Um die Sekundarschulen organisatorisch nicht zu überfordern, will die Linke die Verschiebung um eine halbe Stunde nur in den Tagesschulen einführen, wie der federführende Initiant Balz Bürgisser (Grüne) betont.
In Zürich sollen bis 2030 alle öffentlichen Primar- und Sekundarschulen Tagesschulen sein, etwa ein Drittel hat schon umgestellt. Den Sekundarschulen unter ihnen, wollen die Initianten eine 4-Jahres-Frist einräumen. Alle anderen Sekundarschulen sollen laut Bürgisser den 8-Uhr-Schulbeginn einführen, wenn sie auf Tagesschulbetrieb umstellen.
Damit der Unterricht am Nachmittag zur gleichen Zeit endet wie heute, sollen die Schulen die Mittagszeit verkürzen. Heute muss sie in den Tagesschulen 80 bis 100 Minuten lang sein, künftig sollen 60 Minuten reichen. Der ehemalige Mittelschullehrer Bürgisser sagt: «Nach einer Stunde Mittagszeit sind Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren wieder bereit für den Unterricht.»
Stadtrat will nicht
Im Gemeinderat ist seit fast zwei Jahren eine Einzelinitiative hängig, die den 8-Uhr-Schulbeginn für die ganze Volksschule fordert. Der Stadtrat wehrt sich dagegen, weil der Unterricht im Kindergarten vorverlegt und die Kinderbetreuung über Mittag und am Nachmittag anders organisiert werden müsste. «Das würde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren», begründet der Stadtrat sein Nein.
Für Bürgisser sind dies Ausreden. «Der Stadtrat will einfach nicht, zudem betrifft unsere Forderung nur die Sekundarstufe», sagte er. Als ehemaliger Stundenplaner an einem grossen Gymnasium weiss er, dass dies zu organisieren ist, und verweist auf die Stadt Basel. Dort ist der Schulbeginn in der Volksschule generell auf 8 Uhr festgelegt. Das funktioniere problemlos, so Bürgisser weiter. Als Beispiel in der Stadt Zürich nennt er die Tagesschule Leutschenbach, die Klassen auf der Primar- und der Sekundarstufe mit einheitlichem Unterrichtsbeginn um 8 Uhr führt.
Skepsis bei der FDP
Ob der Vorstoss im Gemeinderat angenommen wird, ist offen. SP, Grüne und AL haben im Stadtparlament eine hauchdünne Mehrheit, aber Stimmen aus anderen Fraktionen wären dazu hilfreich.
FDP-Politikerin und Schulleiterin Yasmine Bourgeois ist skeptisch. Für die Tagesschulen habe das Volk kürzlich eine Mittagspause von 80 bis 100 Minuten beschlossen. Eine Stunde reiche kaum aus für Jugendliche, die zum Mittagessen nach Hause führen.
Zudem sei es wegen gemeinsam genutzter Räume organisatorisch schwierig, wenn Primar- und Sekundarschulen nicht aufeinander abgestimmte Lektionenzeiten hätten. Weiter sagt Bourgeois: «Spätestens im Berufsleben, müssen die Jugendlichen ohnehin früh aufstehen.»
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