«Furiosa» im KinoDer neue «Mad Max»-Film ist furios
Der 79-jährige George Miller dreht die gewaltigsten Actionfilme. Auch «Furiosa: A Mad Max Saga» knallt – und hallt nach.
Zuerst zur dringendsten Frage, ob der «war rig» wieder vorkommt, dieses aufmunitionierte Chromstahl-Ungetüm von einem Tankwagen, das Treibstoff durch das postapokalyptische Ödland von «Mad Max» transportiert und jedes Mal von motorisierten Wegelagern angegriffen wird: Kommt vor, und wie!
Die Räuber attackieren diesmal mit Fallschirmen, Flammenwerfern und angeschraubten Windmaschinen, die weiss angemalten Soldaten von Kriegsherrscher Immortan Joe verteidigen die Last mit explosiven Wurfspeeren und dem Wahn von Selbstmordattentätern, und am Heck baumeln ein paar übergrosse Morgensternköpfe, lies: Wer diesen Laster fährt, muss Eier haben.
Die Sequenz in «Furiosa: A Mad Max Saga» ist grandios, weil der 79-jährige Regisseur George Miller jede Actionszene nutzt, um etwas über die Figuren zu sagen; hier führt er die junge Furiosa (Anya Taylor-Joy) als resolute Kämpferin ein, die sich zuerst als blinde Passagierin am Fahrgestell festklammert.
Man riecht den Schweiss und den Rauch
Noch mehr aber versteht er es, die Action selbst als Geschichte zu fassen. Es gibt wenige Filmemacher, die kompositorisch in der Lage sind, Orientierung im hochbudgetierten Action-Wirrwarr zu stiften; Miller kann es. Seine Spektakel mit Vehikeln mögen verrückt wirken, tatsächlich greift nüchtern die Logik von Ursache und Wirkung, von Drehmoment und Fliehkraft. Es geht kaputt, was kaputtgehen muss. Man riecht den Schweiss der Stunts und den Rauch der Explosionen, auch wenn natürlich in der Fortsetzung vielerorts digital nachgeholfen wurde.
Wobei, Fortsetzung: «Furiosa» erzählt vielmehr die Vorgeschichte, also wie es kam, dass Furiosa in «Mad Max: Fury Road» (2015) zur einarmigen Solokämpferin wurde. Damals spielte sie Charlize Theron als Ausnahme-Badass, jetzt übernimmt Anya Taylor-Joy («The Queen’s Gambit») den Part der jüngeren Furiosa und kämpft nicht minder feurig.
Weil sie ruhig bleibt in der Schlacht und «gute Augen» hat, wie ihr der Fahrer Praetorian Jack versichert. Das trifft auf das Gesicht von Anya Taylor-Joy selbstverständlich in besonderem Masse zu, ein wenig wirkt der Satz aber auch wie ein Kommentar des Tätschmeisters und Co-Drehbuchautors George Miller über sich selbst. Good eyes!
Furiosa wird als Mädchen von widerlichen Lakaien des Warlords Dementus gekidnappt (Chris Hemsworth mit feuerrotem Puderbart und einem umgeschnallten Teddybären; er hat sichtlich Spass) und muss miterleben, wie ihre Mutter, die sie zu retten versucht, grausam ermordet wird. Die Geschichte von Furiosa wird zur Rachegeschichte, mit Stationen in der Zitadelle von Immortan Joe, der «gas town» und der «bullet farm».
Ein eigenes ästhetisches Universum
Gerade weil George Miller offensichtlich viel Arbeitszeit in die Details der Actionstory steckt, scheinen ihn die übergreifenden Strukturen weniger zu interessieren. Jedenfalls ergibt erzähllogisch nicht alles so viel Sinn wie das Mobile des Todes, das er in der Zitadelle veranstaltet, wo die «war boys» mittels Kranhaken die Maschinen der Bikergang von Dementus in die Luft schwingen. Irgendwo zwischen «Ben Hur» und der Kunst von Alexander Calder bewegt sich die erfindungsreiche Action von George Miller, sie ist immer beides: Western und Stummfilmkomik.
Da stört es wenig, dass Miller aus der Heldengeschichte von Furiosa auch noch reichlich Mythenbildung rausklopfen möchte. Die Motorengeräusche knallen da laut genug durchs Wasteland, müsste er eigentlich wissen.
Miller zeigt sich einmal mehr als origineller Kinokrachmacher, der seinen ursprünglichen «Mad Max»-Film von 1979 mit Mel Gibson in ein eigenes ästhetisches Universum überführt – und mit der Dystopie von Ressourcenkampf und Wasserknappheit, von Verödung und Ausbeutung und allgemeinem Kriegszustand derzeit so richtig liegt wie noch nie.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
«Furiosa: A Mad Max Saga», ab 23. Mai in den Kinos.
Fehler gefunden?Jetzt melden.