Lungenentzündung bei von der LeyenSie macht immer weiter, auch im Spital
Die Präsidentin der EU-Kommission erhält den Karlspreis für ihre Verdienste um Europa – und steht wegen eines geheim gehaltenen Spitalaufenthalts in der Kritik.

- Ursula von der Leyen erhält den Karlspreis für ihre Verdienste um Europa.
- Ein Spitalaufenthalt wurde geheim gehalten, was für Kritik sorgt.
- Sie habe ihre Amtsgeschäfte auch aus dem Krankenzimmer fortgeführt, heisst es zur Rechtfertigung.
Ursula von der Leyen erhält, wie am Mittwoch bekannt wurde, den Karlspreis für ihre Verdienste um Europa. Die Ehrung mag ausserhalb von Brüssel logisch wirken, schliesslich hält die Kommissionspräsidentin seit 2019 die Europäische Union in schweren Krisen zusammen. In der Brüsseler EU-Blase aber wirkt die Nachricht aus Aachen gerade kurios, denn von der Leyen steht seit Tagen schwer unter Beschuss. Es geht um eine Krankheitsgeschichte und ihren Ruf als angeblich geheimniskrämerische Alleinherrscherin der EU.
Die 66-Jährige leistet seit vielen Jahren ein Arbeitspensum, das jeden normalen Menschen heillos überfordern würde. Sie gilt als besessene Arbeiterin. Aus laienmedizinischer Sicht könnte man sagen: Irgendwann nimmt sich der Körper eine Auszeit. Jedenfalls wurde Ursula von der Leyen vor zwei Wochen krank, nachdem sie zu Hause bei Hannover mit der Grossfamilie Weihnachten gefeiert hatte. Diagnose: schwere Lungenentzündung.
Die EU-Kommission machte die Erkrankung publik – nicht aber die Tatsache, dass die Chefin mehrere Tage im Spital verbrachte. Von der Leyen habe, so heisst es zur Rechtfertigung, vom Krankenzimmer aus nach besten Kräften ihre Amtsgeschäfte geführt und sei jederzeit ansprechbar gewesen. Sie habe mit Kommissionsmitgliedern sowie ihrem Stab telefoniert und zweimal auch ausführlich mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni.
Kommission spielt Bedeutung des Amtes herunter
Dennoch steht die Frage im Raum, ob die mächtigste Frau der Europäischen Union nicht der Öffentlichkeit genauere Rechenschaft über ihren Gesundheitszustand schuldig ist, so wie das – zumindest in der Theorie – für US-Präsidenten gilt. In der Praxis steht zumindest der Verdacht im Raum, dass Ronald Reagan eine beginnende Alzheimer-Erkrankung hat verheimlichen lassen, und irgendwann wird auch zu klären sein, ob die Öffentlichkeit über die Fitness von Joe Biden ehrlich informiert worden ist. Der französische Präsident François Mitterrand verheimlichte sogar während 11 seiner 14 Amtsjahre eine Krebserkrankung.
Mit Staats- und Regierungschefs sei Ursula von der Leyen, bei aller Bedeutung ihres Amtes, nicht zu vergleichen, so heisst es nun in Kommissionskreisen. Sie entscheide über keinen Atomwaffeneinsatz, treffe keine Ad-hoc-Beschlüsse im Alleingang, sondern entfalte ihre Macht indirekt im Zusammenspiel mit 27 nationalen Regierungen. Deshalb habe es keine Notwendigkeit gegeben, grösseren Alarm zu schlagen.
Teamplay zählt nicht zu von der Leyens Qualitäten
Für Ursula von der Leyen selbst macht es wohl wirklich keinen grossen Unterschied, ob sie ihre Geschäfte im 13. Stock des Berlaymont-Gebäudes in Brüssel betreibt, wo sie nicht nur arbeitet, sondern auch wohnt – oder in einem bestens ausgestatteten Krankenzimmer in Hannover. Sie macht ihr Ding. Teamplay zählt nicht zu ihren grössten Qualitäten.
Von der Leyens Art, straff zu führen, kommt der schwerfälligen EU vor allem in Grosskrisen zugute. Leute aus der Kommission jedoch, die sich übergangen fühlen, tragen ihren Unmut hinein in Medien, die Tag für Tag über Interna aus der EU berichten. Und auch weil von der Leyen keinen Wert auf enge Beziehungen zu Journalisten legt, schlagen Vorwürfe gegen sie immer wieder hohe Wellen. Der verschwiegene Spitalaufenthalt steht nun in einer Reihe mit dem weiterhin nicht belegten Vorwurf, sie habe belastende SMS aus der Zeit der Impfstoffbeschaffung vernichtet.
Ursula von der Leyen scheint sich davon nicht beirren zu lassen. Sie macht immer weiter. Am Wochenende wird die EU-Kommissions-Präsidentin in Berlin erwartet, wo der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz konservative Staats- und Regierungschefs aus ganz Europa um sich schart. Sie wird dann zum WEF nach Davos reisen, danach ins Europaparlament nach Strassburg. Und irgendwann wird sie vielleicht vor der Brüsseler Presse Stellung nehmen zu ihrer Krankheitsgeschichte.
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