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Putins Untertan
Lukaschenko darf nur zuschauen

Der Krieg werde nicht von Weissrussland aus geführt, behauptet Diktator Alexander Lukaschenko. 
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Der Diktator muss sich fügen. Um fünf Uhr in der Früh erhielt Alexander Lukaschenko am Morgen des russischen Angriffskriegs einen Telefonanruf. Es war Russlands Präsident Wladimir Putin. Er informierte den weissrussischen Herrscher über die Situation im Donbass und dass Russland nun mit einer «Militäroperation» gegen die Ukraine beginne. Es war der vergangene Donnerstag, der Tag, an dem auch für Weissrussland der Krieg begann.

Schon zweimal seit Beginn der Angriffe hat der Kreml der ukrainischen Führung Verhandlungen vorgeschlagen, zunächst bot er die weissrussische Hauptstadt Minsk an, an diesem Sonntag die Stadt Gomel. Als seien dies neutrale Orte. Doch der grundsätzlich bereite ukrainische Präsident Wolodimir Selenski lehnte zuerst Minsk ab, dann auch Gomel. Weissrussland sei selber an der russischen Invasion beteiligt, sagte er. Denn auch von dort sind Kampfjets gestartet und Panzer losgerollt.

Am Sonntag räumte Lukaschenko sogar ein, dass von weissrussischem Boden aus auch zwei Raketen auf das Nachbarland gefeuert wurden. Der sonst allmächtige weissrussische Herrscher kann all dem offenbar nur zuschauen. Kritische und unabhängige weissrussische Medienberichte erwecken den starken Eindruck, dass Lukaschenko von Putin praktisch nur informiert wird, aber nicht gefragt.

Mit einem emotionalen Appell sprach Selenski am Sonntag erstmals auch direkt die Menschen und die Führung in Weissrussland an. «Von Ihrem Gebiet aus werden unsere Kinder getötet, unsere Häuser zerstört», sagte der ukrainische Präsident. «Wir sind doch Ihre Nachbarn, wir sind Ukrainer. Seien Sie Weissrussland – und nicht Russland.»

Dies zu betonen, ist für Lukaschenko zuletzt immer schwieriger geworden. Der weissrussische Machthaber hat sich seit der offensichtlich gefälschten Präsidentenwahl im August 2020 immer abhängiger gemacht vom grossen Nachbarstaat Russland. Ohne die Stütze aus Moskau könnte sich Lukaschenko vermutlich nicht lange halten. Putin nutzt dies aus und schickte zur Vorbereitung des Krieges 30’000 russische Soldaten nach Belarus, getarnt als gemeinsame Militärübung. 

Lukaschenko versucht, mit rhetorischen Spitzfindigkeiten seine Verantwortung kleinzureden. Es gebe keine einzige weissrussische Patrone in der Ukraine. Das Wort «Krieg» vermeidet er, stattdessen spricht er lieber von «Konflikt». Aus gutem Grund: Denn der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist auch in Weissrussland unbeliebt, eine Beteiligung erst recht.

Je nach Entwicklung der Kämpfe könnte dem Machthaber in Minsk nun zweierlei drohen: Zum einen könnte die weissrussische Armee auch aktiv an Russlands Seite in den Krieg verwickelt werden, falls die russischen Streitkräfte in der Ukraine nicht schnell erfolgreich sind und Unterstützung benötigen. Zum anderen könnte die brutal niedergeschlagene landesweite Protestbewegung durch den Krieg noch einmal neu motiviert werden. Zumal die weissrussische Wirtschaft absehbar noch weiter leiden dürfte. Die USA und die EU haben wegen der Rolle von Belarus in dem Krieg bereits Sanktionen verhängt. 

Umstrittenes Referendum

Die britische Regierung wiederum entzog dem weissrussischen Basketballteam kurzerhand bereits ausgestellte Visa. Mehr zu schaffen machen dürfte dem Land, dass der Handel mit der Ukraine einzubrechen droht und Russland derart die Wirtschaftssanktionen des Westens spüren wird, dass diese auch mit Wucht auf Weissrussland wirken.

Es sind also schwere Zeiten, in denen Alexander Lukaschenko an diesem Sonntag auch noch ein umstrittenes Referendum abhalten liess. Es sieht seine Immunität vor einer Strafverfolgung vor und würde die Amtszeiten eines gewählten Präsidenten wieder auf zweimal fünf Jahre begrenzen. Allerdings erst künftig. Lukaschenko selbst, der bereits seit 1994 in Belarus an der Macht ist, könnte demnach noch herrschen, bis er 81 Jahre alt ist. Aber das ist in diesen Kriegstagen nur Theorie.

Russischer Aufmarsch in Weissrussland: Dieses Bild des Moskauer Verteidigungsministeriums stammt vom gemeinsamen Manöver zwischen den beiden Nachbarstaaten (19. Februar).