AboLeseforscherin im Jahreswechsel-Gespräch«Unsere Lesegehirne dürfen nicht verkümmern»
Lesen und Denken gehören zusammen, sagt Maryanne Wolf. Und der Boom von digitalen Geräten gefährdet beides. Die US-Neurowissenschaftlerin schlägt Gegenmittel vor – für Kinder, aber auch für Erwachsene.
Maryanne Wolf, in meinem Umfeld gibt es Leseratten, die plötzlich Mühe haben, lange Texte fertig zu lesen. Ihnen selbst ist etwas ganz Ähnliches passiert. Was ist da los?
Ich bin eigentlich eine Wissenschaftlerin, die sich in ihrer täglichen Arbeit mit Lesen beschäftigt. Die weiss, was sich in unseren Gehirnen abspielt. Trotzdem ist es mir auch so ergangen, und zwar ausgerechnet bei Hermann Hesses «Glasperlenspiel» – einem Buch, das ich in meiner ersten Karriere als Literaturwissenschaftlerin lieben gelernt habe. Als ich es wieder zur Hand nahm, konnte ich aber nicht mehr richtig in die Geschichte eintauchen. Ich kann das nicht mehr lesen, dachte ich.