Late-Night-Hosts am AnschlagTreffen sich John Oliver und Stephen Colbert
Die bekanntesten Gastgeber von amerikanischen TV-Shows machen einen Podcast zum Hollywood-Streik: nicht lustig.

Die meisten Auswirkungen, die der gegenwärtige Streik von Autoren und Schauspielern in der US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie hat, sind noch längst nicht spürbar. Filme, die nicht gedreht werden: Merkt man nicht. Filme, deren Start verschoben wird, weil ihre streikenden Stars keine Werbung für sie machen dürfen: Bekommen nur Fans und Filmnerds mit. Aber eine Sache schmerzte sofort: Die Late-Night-Shows verschwanden, und das mehr als plötzlich. Der Grund: Niemand war mehr da, um die Witze zu schreiben für Leute wie John Oliver, Seth Meyers, Stephen Colbert.
Am Tag des Streikbeginns, als die Gewerkschaft der Autoren, die Writers Guild of America, noch auf eine Reaktion der Arbeitgeberseite wartete, sagte Stephen Colbert schon in seiner Show, dass er am folgenden Abend nicht auf Sendung gehen würde, sollte es zum Streik kommen. Die Forderungen der Autoren seien vernünftig, er unterstütze ihren Kampf. Anfang Mai war das, es sollte die letzte Sendung für mittlerweile vier Monate sein.
Wer diese Shows mit ihrer langen Tradition (Jay Leno! David Letterman! Jon Stewart!) liebt, zu wessen spätabendlicher oder – in Europa – morgendlicher Alltagsroutine sie gehören, vermisst sie. Nun aber sind die Big Five der Late Night zurück, zumindest ein bisschen. Stephen Colbert, Seth Meyers, Jimmy Fallon, Jimmy Kimmel und John Oliver haben sich für einen Podcast namens «Strike Force Five» zusammengetan.
Hilfsprojekt für die eigenen Mitarbeiter
Der Name stammt vom Namen der Chatgruppe, in der die fünf Moderatoren sich während des Streiks austauschen – bisher privat (als «Arbeitslosen-Therapiegruppe», sagt Jimmy Kimmel), nun öffentlich. Ein reines Langeweile-Projekt ist das nicht: Mit den Werbeeinnahmen aus dem Spotify-Podcast wollen sie ihre streikenden Mitarbeiter finanziell unterstützen. Im Gegensatz zu den Talkshow-Gastgebern selbst sind die längst keine Millionäre, denen ein paar Monate ohne Gehalt nicht weiter wehtun.
Wer meint, diese kleine Audio-Show könne die Late-Night-Entzugserscheinungen lindern, könnte aber milde enttäuscht sein. Gleich zu Beginn warnt Seth Meyers, dass man das Fehlen der Gagschreiber merken werde. Und so ist es. Die Schärfe fehlt, das Politische auch, die Struktur, die Pointen, an denen in den Late-Night-Monologen so akribisch gefeilt wird. Was sich zwischen den fünfen entspinnt, ist ein heiteres Gespräch voller Anekdoten aus ihren Show-Karrieren. Das ist etwas für die harten Fans.
Auch wenn ein paar gute Running Gags entstehen – so wie der über Stephen Colberts Mutter, die als junge Frau offenbar ein paar Dates mit dem späteren Diktator von Nicaragua, Anastasio Somoza Debayle, hatte. Immer wieder unterstellen die anderen ihr in den ersten beiden Folgen des Podcasts, sie habe einen «Penchant für Autokraten» gehabt.
Nette Anekdoten
Man merkt, dass alle sich mögen, und erfährt, dass Robert De Niro Stephen Colberts Lieblings-Talkshowgast ist, gerade weil er so notorisch schwierig ist. De Niro redet nicht gern, in Colberts «Late Show» sassen sich die beiden einmal eine geschlagene Minute schweigend gegenüber. Jimmy Fallon erzählt, dass ausgerechnet De Niro sein allererster Gast in der Show gewesen sei und er heillos überfordert. Gleich drei der fünf geben zu, dass sie als Kinder gern Priester geworden wären – allerdings aus unlauteren Gründen. John Olivers Vater habe dessen Wunsch so kommentiert: «Du willst nur, dass dir die Leute zuhören.»
Und Jimmy Kimmel berichtet, dass er kurz vor Beginn des Streiks vorhatte, bald in Rente zu gehen, es sich jetzt aber anders überlegt habe – arbeiten sei doch ganz «nice». Auch wenn das Late-Night-Leben andererseits sehr hart sei. Zum Beispiel wenn, wie in Seth Meyers' Erzählung, Mariah Carey kurz vor Weihnachten in der Show zu Gast sei und darauf bestehe, in einem Pferdeschlitten interviewt zu werden: «Es gibt nichts, was in New York kurz vor Weihnachten so schwer zu bekommen ist wie ein Last-Minute-Miet-Pferdeschlitten.»
Vielleicht ist es auch ganz richtig, dass dieser Podcast, der sich explizit als streikunterstützend begreift, kein Feuerwerk an blitzgescheiten Scherzen ist. Es wäre schliesslich mehr als kontraproduktiv, wenn Publikum und Senderchefs feststellen würden, dass es ohne Gagschreiber genauso gut geht.
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