Kyburz’ perfektes Marathon-Debüt«Die Zweifel verschwanden erst auf der Zielgeraden»
Der Fricktaler Matthias Kyburz läuft beim Marathon in Paris in die Weltspitze, feiert das schnellste Schweizer Debüt – und qualifiziert sich für die Olympischen Spiele im August.
Die Schufterei und die vielen langen, harten Läufe in den vergangenen Monaten haben sich ausgezahlt. Dem Orientierungsläufer Matthias Kyburz ist ein perfektes Marathon-Debüt gelungen, beim Rennen in Paris kam er nach 2:07:44 Stunden ins Ziel. Der Fricktaler unterbot die Olympia-Limite von 2:08:10, somit darf er im Sommer in Paris starten – falls in den kommenden Wochen nicht noch etliche Schweizer nachziehen sollten, was aber unwahrscheinlich ist.
Kyburz, der 2025 wieder zum OL zurückkehren möchte, ist damit der drittschnellste Schweizer je über die 42,195 Kilometer. Nur Tadesse Abraham und sein Trainer Viktor Röthlin waren schneller. Der 34-Jährige wurde in Paris in einem starken Feld Siebter, nur acht Europäer waren in diesem Jahr besser über die Königsdistanz.
Matthias Kyburz, Sie selber sagten im Vorfeld, dass Ihr Projekt sehr ambitioniert sei. Nun haben Sie die Olympia-Limite mit einem perfekten Marathon-Debüt geknackt. Sind Sie überrascht?
Natürlich bin ich ein wenig überrascht und vor allem überglücklich, dass es geklappt hat. Aber ich habe in den letzten Wochen im Training schon auch gemerkt, dass ich es packen kann. Die Vorbereitung lief beinahe perfekt, und mein Coach Viktor Röthlin konnte meine Leistungen an den Vorbereitungs-Wettkämpfen gut einordnen. Ich bin nicht nach Paris gegangen, um einfach dabei zu sein. Wir wussten, dass die Limite an einem optimalen Tag drinliegt. Dass ich nun das schnellste Schweizer Debüt im Marathon feiern durfte, macht mich sehr stolz.
Es war Ihr erster Marathon, wie gross waren die Ungewissheit und die Anspannung in den Tagen zuvor?
Ich war nervös, klar. Aber ich habe mich auch unglaublich darauf gefreut, vor allem auch weil die Vorbereitung so gut lief. In den Tagen zuvor in Paris konnte ich dann die Stimmung so richtig aufsaugen. Aber natürlich: Ich hatte enorm Respekt vor der Distanz, und die Ungewissheit verschwand erst auf den letzten paar Hundert Metern, weil im Marathon einfach immer etwas passieren kann.
Das Rennen lief für Sie aber offenbar perfekt.
Ja, ich bin sehr gut in den Rhythmus gekommen. Meine Tempomacher starteten zwar ein wenig zu schnell, doch ich fühlte mich auf den ersten Kilometern hervorragend. Bei Kilometer 20 erlebte ich jedoch einen Schreckmoment, beim Verpflegungsposten fehlte meine Flasche mit dem Kohlenhydratgetränk. Das war sicher nicht optimal, und ich habe mich da gefragt, ob sich das auf der zweiten Streckenhälfte rächen wird.
Wann kamen die ersten körperlichen Probleme?
Bis Kilometer 25 verlief es problemlos, wir rannten da ein Stück an der Seine entlang, und ich dachte mir: «Es fühlt sich noch sehr locker an, das kommt gut heute.» Aber dann hat es schnell gekehrt, ab Kilometer 30 wurde es dann hart, als meine Tempomacher aus dem Rennen ausstiegen und die ersten Krämpfe kamen.
Hatten Sie irgendwann solche Probleme, dass Sie Angst hatten, Ihr Ziel noch zu verfehlen?
Wie gesagt, die Zweifel verschwanden eigentlich erst auf der Zielgeraden, als ich wusste, dass nichts mehr passieren kann. Aber es half mir mental, dass wir die erste Hälfte ein wenig zu schnell angegangen waren. Danach hatte ich auf den zweiten 21 Kilometern Zeit spatzig. Kurz vor dem Ziel gab es einen kurzen, knackigen Anstieg. Ich wusste, dass ich da nicht mehr ans absolute Limit gehen musste und das Tempo ein wenig drosseln konnte. Das hat mir geholfen.
Nun werden Sie die Schweiz an den Olympischen Spielen im Marathon vertreten. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist extrem speziell für mich. Ich durfte zwar schon in der Vergangenheit im Orientierungslauf an Weltmeisterschaften oder an anderen Grossanlässen teilnehmen. Aber Olympia ist das Grösste und wird medial sicher noch mal auf mehr Interesse stossen als alles, was ich im OL erreicht habe.
Wie geht es nun weiter?
Zuerst muss ich jetzt mal etwas essen (er lacht; das Interview fand kurz nach dem Rennen statt). Die Dopingkontrolle ging lange, darum freue ich mich darauf, ein wenig zu entspannen und alles sacken zu lassen. Heute Abend gehen wir mit dem Team schön essen, und morgen fahren wir bereits wieder zurück in die Schweiz.
Und was sind Ihre Ziele für den Olympia-Marathon? Mit diesem Debüt gehören Sie zu den stärksten Europäern im Feld …
An das denke ich jetzt noch gar nicht. Klar, die Olympia-Strecke kommt mir mit den rund 500 Höhenmetern als Orientierungsläufer sicher entgegen, aber über das Sportliche mache ich mir jetzt keine Gedanken. Ich möchte jetzt erst einmal alles verdauen und diesen schönen Moment mit meiner Familie und meinen Freunden geniessen.
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