Bahnunternehmen beantragen finanzielle EntlastungKurzarbeitsgesuch der SBB ist umstritten
Vincent Ducrot übernimmt von Andreas Meyer als SBB-Chef. Seine erste Aufgabe: Die Bundesbahnen durch die Corona-Krise manövrieren. Doch ob sie Anrecht auf Kurzarbeitsentschädigung haben, ist offen.
Ein Viertel weniger Fahrten, zwischen 80 und 90 Prozent weniger Passagiere: Vincent Ducrot übernimmt eine SBB im Krisenmodus. Innert kurzer Zeit wurde das Angebot zusammengestrichen, die noch fahrenden Züge sind praktisch leer.
Ducrots vordringliche Aufgabe wird nun sein, die Krise so gut wie möglich über die Bühne zu bringen. Dazu gehört auch die Frage, was mit den Mitarbeitenden passiert. Denn um den derzeitigen Fahrplan zu bewältigen, brauchen die SBB weniger Personal. Auch stehen die Baustellen mehrheitlich still. Deshalb haben die SBB Kurzarbeit beantragt, wie Vincent Ducrot an seiner ersten Pressekonferenz sagte. Noch ist aber offen, ob die SBB diese erhalten.
Ämter widersprechen sich
Andere Transportunternehmen haben Kurzarbeit beantragt, so etwa die zweitgrösste Bahngesellschaft BLS für Teile ihres Betriebs, Bernmobil oder die Verkehrsbetriebe Luzern, wie eine Umfrage dieser Zeitung vergangene Woche ergeben hat. Das Bundesamt für Verkehr geht davon aus, dass Transportunternehmen berechtigt sind, Kurzarbeit einzugeben.
«Allenfalls könnte ein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung durch den jeweils zuständigen Kanton abgelehnt werden.»
Noch ist jedoch nicht geklärt, ob alle Transportunternehmen wirklich Kurzarbeitsentschädigung erhalten. Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) heisst es, dass Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs grundsätzlich während der Corona-Krise berechtigt sind, Kurzarbeit zu beantragen. «Allenfalls könnte ein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung durch den jeweils zuständigen Kanton abgelehnt werden, falls die Transportunternehmen als öffentlich-rechtliche Anstalten ausgestaltet sind», heisst es beim Seco.
Denn in der Regel seien die Anspruchsvoraussetzungen für Kurzarbeitsentschädigung bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern wie den SBB nicht gegeben, da sie kein eigentliches Betriebsrisiko tragen würden. Eine allgemeine Antwort auf diese Frage lässt sich also noch nicht geben.
Entschädigung für Abo-Kunden
Was bereits klar ist – die momentane Krise kostet die SBB viel Geld. Wie viel, konnte Vincent Ducrot nicht beziffern. Dafür sei es zu früh. In ein paar Wochen wisse man mehr. Es werden aber Hunderte Millionen Franken sein, welche die ÖV-Branche verlieren wird. Alleine die Tatsache, dass 150’000 Kunden ihr Generalabonnement wegen Corona hinterlegt haben, trifft die SBB und andere Unternehmen hart.
Dazu kommt die Ungewissheit, wie Abokunden dereinst entschädigt werden sollen. An einer solchen Entschädigung arbeitet die Branche derzeit. Sie wird weitere Löcher in die Budgets der Transportunternehmen reissen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.