Debatte um Skulptur in den USAKündigung wegen David-Statue?
Eine Schuldirektorin in Florida soll wegen der weltbekannten David-Statue von Michelangelo ihren Job verloren haben. Der Vorwurf: Sie hätte den Kindern Pornografie gezeigt.
Hope Carrasquilla trat am Montag als Direktorin der Tallahassee Classical School in Florida zurück. Laut Medienberichten wurde Carrasquilla von der zuständigen Schulaufsicht vor die Wahl gestellt, zurückzutreten oder gekündigt zu werden. Grund dafür waren Beschwerden von Eltern, deren Kinder im Unterricht ein Bild der David-Statue von Michelangelo gezeigt wurde. Ein Elternteil soll das Bild von Michelangelos David als «pornografisch» bezeichnet haben.
Das übliche Protokoll der Schule bestehe darin, den Eltern einen Brief zu schicken, bevor den Schülern solche klassischen Kunstwerke gezeigt werden, sagte der Vorsitzende des Schulausschusses, Barney Bishop, der regionalen Zeitung «Tallahassee Democrat». Aufgrund «einer Reihe von Missverständnissen» sei der Brief nicht an die Eltern der Sechstklässler gegangen, woraufhin sich einige beschwert hätten. «Die Elternrechte stehen an erster Stelle, und das bedeutet, dass die Interessen aller Eltern geschützt werden müssen», so Bishop.
Wie «The Guardian» berichtet, traf Carrasquilla ihren Entscheid zum Rücktritt aber nicht nur wegen der Debatte um die Skulptur. Die ehemalige Schulleiterin nutze den Moment, um sich gegen die geplante Gesetzesänderung des Gouverneurs Ron DeSantis auszusprechen. Der Republikaner hatte im vergangenen Jahr durchgesetzt, das an Grundschulen Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verboten ist. Mit einem Vorstoss will DeSantis diese Regel nun auf alle Altersstufen im Bundesstaat Florida ausweiten.
Das Gesetz ist Teil einer konservativen Bewegung, die sich für sogenannte Elternrechte einsetzt. Eltern sollen demnach mehr Mitspracherecht bei der Bildung ihrer Kinder erhalten. Kritikern zufolge sei dies jedoch nur ein Vorwand, um eine rechte ideologische Agenda in den Schulen voranzutreiben (Lesen Sie zum Thema auch: Angriff auf US-Schulbibliotheken: Denkverbote im Land der freien Rede).
Die Tallahassee Classical School ist dem Hillsdale College angegliedert, einer privaten konservativen christlichen Institution.
Bürgermeister von Florenz lädt Schulleiterin ein
Die Berichte über den Ausschluss der Schuldirektoren haben auch in Florenz, wo die monumentale Statue aus der Zeit der Renaissance in der Galleria dell’Accademia steht, für Aufsehen gesorgt. Sogar der Bürgermeister der mittelitalienischen Stadt meldete sich via Twitter zu Wort. «Kunst mit Pornografie zu verwechseln ist einfach lächerlich», twitterte Dario Nardella. Er werde die Lehrerin nach Florenz einladen, «um ihr im Namen der Stadt ihre Anerkennung auszusprechen. Kunst ist Zivilisation, und wer sie lehrt, verdient Respekt.»
Die Direktorin der Galleria dell’Accademia, die Deutsche Cecilie Hollberg, zeigte sich indes empört und erstaunt über die mutmassliche Entlassung der Lehrerin. «Das ist absurd. Nacktheit ist nicht dasselbe wie Pornografie», zitiert sie die italienische Tageszeitung «La Repubblica». Die David-Statue sei das Symbol der Renaissance, das den Menschen in all seiner Makellosigkeit, wie er von Gott erschaffen wurde, in den Mittelpunkt stellt. Der David sei zudem eine religiöse Figur. «Um eine Assoziation mit Pornografie herzustellen, muss man eine verzerrte Vorstellungskraft haben.»
Das Museum in Florenz gehört – vor allem wegen der bekannten David-Skulptur – zu den meistbesuchten Museen in Italien. Die Marmorstatue entstand zwischen 1501 und 1504. Im 16. Jahrhundert schmückte sie zunächst den Eingang des florentinischen Palazzo Vecchio – seit 1873 steht sie in dem Museum. Michelangelos Skulptur zeigt den biblischen David in dem Moment, in dem er mit der Steinschleuder den Kampf gegen den Riesen Goliath aufnehmen will.
SDA/AFP/aru
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