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Erstaunliche Wende
Kommission will Zugang von Sans-Papiers zur Ausbildung erleichtern

Welchen Beruf kann ich erlernen: Jugendliche erkunden an der Berufsmesse Zürich den Beruf der Fleischfachfrau. Für jugendliche Sans Papiers soll der Zugang zur beruflichen Ausbildung erleichtert werden.
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Erleichterungen für Sans-Papiers in der Schweiz – dafür ist die bürgerlich dominierte Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) nicht gerade bekannt. Dennoch hat sie letzten Freitag eine Motion verabschiedet, die genau das beinhaltet. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, «den Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers zu erleichtern». Die Abstimmung verlief denkbar knapp: 11 Ja, 10 Nein und 4 Enthaltungen. Das Geschäft geht jetzt an den Nationalrat, später an den Ständerat.

Zehntausende Menschen leben ohne geregelten Aufenthaltsstatus in der Schweiz, zum Teil seit vielen Jahren. Kinder, die illegal in der Schweiz sind, unterliegen der Schulpflicht. Aber eine Ausbildung, die darüber hinausgeht, ist nur sehr schwer zugänglich. «Es scheint jedoch wenig sinnvoll, junge motivierte Erwachsene mit Potenzial, die sich sowieso schon in der Schweiz befinden, von der beruflichen Ausbildung auszuschliessen», schreibt die SPK-N in einer Medienmitteilung. «Es ist weder den Betroffenen noch der Gesellschaft gedient, wenn diese Personen über Jahre hinweg ohne Ausbildung oder Beschäftigung sind.»

Restriktive Bedingungen

Treibende Kraft hinter der Motion ist die Zürcher SP-Nationalrätin Celine Widmer. «Junge Sans-Papiers sollten nicht bestraft werden, nur weil ihre Eltern papierlos sind», sagt sie. Zwar gibt es schon seit 2014 eine Möglichkeit für solche Jugendliche, eine Berufsausbildung zu machen. Aber nur etwa 60 Personen haben die Bewilligung dafür tatsächlich erhalten. «Wir gehen davon aus, dass es viel mehr sein sollten», sagt Widmer.

Bisher seien die Bedingungen, die die Jugendlichen erfüllen müssen, zu restriktiv. Dazu gehört, dass sie mindestens fünf Jahre lang die obligatorische Schule besucht haben müssen. Die Motion schlägt nun vor, dass «junge Menschen einbezogen werden können, welche die obligatorische Schule in der Schweiz weniger als zwei Jahre oder gar nicht besucht haben».

«Es gibt die Sans-Papiers, wir können die Augen davor nicht verschliessen»: Celine Widmer von der SP.

Ausserdem regt die Motion an, dass Bewerbungen für eine solche Ausbildung anonym eingereicht werden können. «Es ist ein Problem, dass die Leute sich nicht getrauen, sich zu melden», sagt Widmer – denn so könnte ihr Status als Sans-Papiers den Behörden bekannt werden. «Und sie befürchten, dass dann die ganze Familie mit hineingezogen werden könnte.»

Neue Perspektiven im Asylbereich

Widmer hofft, dass die Befürworter der Motion im Nationalrat Unterstützung von der Mitte, der EVP und womöglich auch aus der FDP erhalten könnten. Einfach wird das nicht. So lehnt Mitte-Präsident Gerhard Pfister, selbst SPK-Mitglied, die Motion ab. «Indem man Jugendlichen die Bildung erlaubt (wogegen natürlich per se nichts einzuwenden ist), werden ihre Familien ebenfalls zu Härtefällen», schreibt er auf Anfrage. Das führe «faktisch zu einer 100-Prozent-Garantie eines legalen Aufenthalts in der Schweiz nach Ende der Ausbildung». Pfister plädiert stattdessen dafür, «die Legalisierung der Sans-Papiers per se» zu diskutieren.

Begrüsst wird die Motion hingegen von Jürg Schneider, der sich mit den Vereinen «Un apprentissage – Un avenir» und «Aktionsgruppe Nothilfe» für die Ausbildung von Asylbewerbenden einsetzt. Für diese gilt, dass selbst Jugendliche, die schon eine Lehre begonnen haben, diese abbrechen müssen, sobald ihr Asylgesuch endgültig abgewiesen wurde. «Die SPK-Motion sollte auch im Asylbereich neue Perspektiven eröffnen», sagt Schneider. Der Ständerat hatte zuletzt im März eine Motion abgelehnt, die abgewiesenen Asylbewerbenden den Abschluss ihrer Ausbildung hätte ermöglichen sollen.

Züri-City-Card soll Alltag erleichtern

Eine Legalisierung von Sans-Papiers hatte der Kanton Genf mit seiner «Operation Papyrus» 2017 vorgenommen: Knapp 2500 Papierlose, die gut integriert waren, erhielten eine B-Aufenthaltsbewilligung. Im Kanton Zürich wurden ähnliche Versuche mehrfach blockiert. Nun stimmt die Stadt Zürich am 15. Mai über die Züri-City-Card ab, eine Art städtische ID, die auch Sans-Papiers erhalten können. Das soll ihnen den Alltag erleichtern. «Es gibt die Sans-Papiers, wir können die Augen davor nicht verschliessen», sagt Celine Widmer. Es gebe jedoch keinen direkten Zusammenhang zwischen der Motion der SPK-N und der Abstimmung zur City-Card.