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Meinung

Kolumne Fast verliebt
Sommerbericht aus dem Spukschloss

«Hatte sich der Geist der Grande Dame etwa in meinen Träumen an meiner Einrichtung vergangen, weil ich ihren Sessel verrückt hatte?» Claudia Schumacher
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Wenn Sie etwas Gruseliges erleben, Geister sehen oder Ähnliches, haben Sie zwei Möglichkeiten. Wollen Sie sich beruhigen? Dann reden Sie mit einem Mann, denn Männer glauben eher nicht an Geister. Suchen Sie hingegen Bestätigung, dass Sie Ihre tote Oma wirklich gesehen haben? Dann gehen Sie besser zu einer Frau. In der empirischen Forschung zeigt sich länderübergreifend die gleiche Tendenz: Frauen geben häufiger an, dass sie an paranormale Phänomene glauben als Männer.

Wie ich da drauf komme? Nun, ich habe mich diese Woche um vier Uhr nachts in einem alten Spukschloss mit einer Geisterlady um die Inneneinrichtung gestritten.

Besagtes Spukschloss ist ein glamouröses Château im Welschland mit Rosengarten und Seeblick. Nachts flattern Fledermäuse um die fast 300 Jahre alte Gartenplatane. Während ich diese Zeilen schreibe, gewittert es. Voltaire soll schon hier gewesen sein. Auf jeden Fall Nabokov und Henry Miller, später die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tocarczuk. Gerade darf ich hier an meinem nächsten Buch schreiben. Es passiert aber, dass ich abgelenkt bin. Wegen einer Liebesgeschichte aus dem letzten Jahrhundert.

Damals gehörte das Château einer Mäzenin, ihrem alten Geld und ihrem berühmten Verlegergatten. Die Champagnerkorken knallten, die Genialen tanzten mit den Schönen, hier wurde Geistesgeschichte geschrieben, und auf der Kommode standen vier echte Picasso-Skulpturen. Dann starb der Verleger. Und weil Liebe nicht nur lustig ist, wurde seine hinreissend schöne Gattin sehr traurig. Bald folgte sie ihm in den Tod — es ist unklar, wie. Doch das Dorf munkelt, man habe sie leblos aus ihrer goldverzierten Badewanne gezogen.

Die Hausdame a.D. ist noch sehr präsent. Meine Zimmereinrichtung wurde von ihr handverlesen. Die royalen Stofftapeten, die Kunst an den Wänden, der türkisfarbene Porzellanlöwe, der meine Nachttischlampe hält. Und so kam es, dass ich neulich beim Einschlafen an sie dachte und mich leicht gruselte. Neben meinem Bett stand einer ihrer Polstersessel. Ich stellte ihn auf den Flur. Dann glitt ich in wilde Träume. Jemand hatte zu Hause bei mir die Einrichtung vandaliert! Ein hoher Frauenschrei — und ich erwachte. Oh Schreck, was war das?

Hatte sich der Geist der Grande Dame etwa in meinen Träumen an meiner Einrichtung vergangen, weil ich ihren Sessel verrückt hatte?

Ich erzählte Freundinnen davon. Sie spuckten ihre eigenen Geistergeschichten aus. In Gesprächen mit Männern hingegen verfestigte ich die Theorie, dass ich mir den Spuk eingebildet hatte. Wahrscheinlich war es doch so: Ich hatte mich gegruselt. Und der Traum war eine Reaktion gewesen. Ebenso der Schrei, den ich im Schlaf bestimmt selbst ausgestossen hatte, beim Umdrehen oder so.

Gegen Geister hilft, nicht an sie zu glauben. Seit ich entschieden habe, mir alles eingebildet zu haben, schlafe ich ruhiger.

Allerdings habe ich auch den Sessel zurückgestellt.