Knigge-Chef im InterviewDarf ich mich per SMS für das Geschenk bedanken?
Speziell an Weihnachten sollen Fauxpas vermieden werden. Benimm-Experte Clemens Graf von Hoyos kennt die Stolpersteine.
Graf von Hoyos, darf man per SMS oder Whatsapp ein schönes Weihnachtsfest wünschen?
Selbstverständlich.
Ist es stillos, sich per SMS oder Whatsapp fürs Weihnachtsgeschenk zu bedanken?
Das ist allemal besser, als sich gar nicht zu bedanken. Stilvoller ist jedoch eine handgeschriebene Karte. Sollte einem das Schreiben von Karten nicht liegen, kann man immer noch zum Telefon greifen – das ist jedenfalls persönlicher als einfach nur ein «Danke für das schöne Geschenk!» via Whatsapp oder SMS.
Darf man Nichtchristen frohe Weihnachten wünschen?
An dieser Stelle empfiehlt sich der Wunsch «Frohe Feiertage!».
Welche Kleidung passt zu einer Weihnachtsfeier immer? Worauf soll verzichtet werden?
Es ist stets ratsam, im Zweifelsfall die Gastgeber zu kontaktieren oder nach dem Dresscode in der Einladung zu suchen. Alle, die jedoch den Feiertagen einen besonderen Stellenwert einräumen, unterstreichen mit ausgewählter Kleidung (sauber, wohlriechend, frisch gebügelt, unter Umständen mit besonders edlen Stoffen) den festlichen Charakter dieser Tage.
Ist es noch ratsam, an Weihnachten Weihnachtslieder abzuspielen?
Bereits Mitte Oktober spielen Radiosender «Last Christmas». An den Festtagen zieht man nochmals alle Register, und danach reicht es aber auch wieder für ein Jahr. Für die meisten gehört es jedoch einfach dazu – zumal für jeden Musikgeschmack etwas dabei ist.
Welche Gesprächsthemen sollen an Weihnachten generell vermieden werden?
Zu den klassischen Small-Talk-Tabus gehören die Themen Politik, Religion, Krankheit und Tod sowie Geld und Sex. Es gibt darüber hinaus sicherlich in fast jeder Familie noch familieninterne Reizthemen, die einer festlichen Atmosphäre wenig zuträglich sind. Gerade dann, wenn die Grossfamilie zusammenkommt, sollte jeder Gast die Sensibilität besitzen, solche Themen zu meiden.
Darf man gegebenenfalls die Gastgeberin am Tisch darauf hinweisen, dass Foie gras ein tierquälerisches Produkt ist – oder soll man die Gänseleber schweigend runterwürgen?
Gute Gastgeber fragen die Präferenzen der Gäste zuvor ab und versuchen, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Wer sich für ein Produkt wie Foie gras entscheidet, sollte dann auch dazu stehen. Kritik und Grundsatzdiskussionen trüben allerdings die festliche Stimmung. Das hebt man sich für die Tage danach auf. Übrigens gibt es inzwischen auch vegane Varianten dieser kulinarischen Spezialität.
Darf man Geschenke (Pistole, Barbiepuppe) ablehnen, weil sie nicht den eigenen Erziehungsprinzipien entsprechen?
Am Tag der Bescherung gilt: Gute Miene zum bösen Spiel. Solche Themen hat man im Idealfall schon vor den Festtagen thematisiert, oder man greift sie «zwischen den Jahren» auf. Jedoch bitte nicht belehrend, sondern mit Fingerspitzengefühl – die Schenkenden haben sich schliesslich auch etwas dabei gedacht und hatten die Absicht, den Beschenkten eine Freude zu machen.
Wie gibt man Gästen auf eine nicht allzu unhöfliche Weise zu erkennen, dass man sich langsam verabschieden könnte?
Vom dezenten Gähnen (Hand vor den Mund!), dem Fenster aufmachen, der Aufzählung der Verpflichtungen am kommenden Tag oder auch einem humorvollen «Wollt Ihr dann zahlen?» sind die Möglichkeiten sehr vielfältig.
Darf man Geschenke weiterverschenken?
Bevor die Flasche Wein ungeniessbar wird oder die Vase, die nicht dem eigenen Geschmack entspricht, ganz hinten im Regal verstaubt, können – im Sinne der Nachhaltigkeit – Geschenke weitergeschenkt werden. Jemand anderem bereitet das Geschenk womöglich umso mehr Freude! Man sollte sich allerdings sicher sein, dass man den ursprünglichen Schenker nicht verletzt.
Clemens Graf von Hoyos ist Benimm-Trainer und Vorsitzender der deutschen Knigge-Gesellschaft. Zusammen mit Birte Steinkamp hat er kürzlich das Buch «Anstand statt Ellbogen» im Forward-Verlag herausgegeben.
Fehler gefunden?Jetzt melden.