Hausierende im Bezirk HorgenKeine Offerte, dafür Pfusch – unprofessionelle Handwerker gehen um
Eine Horgnerin hat einen Wanderhandwerker mit Arbeiten rund um ihr Haus beauftragt. Dieser lässt sich nicht mehr blicken – obwohl die Arbeiten nicht fertig sind.
Mitte April klingelt es an der Haustür eines grossen Einfamilienhauses in Horgen: ein Handwerker, bestellt hat ihn niemand. Der Mann, der angeblich aus dem Elsass kommt und gut Deutsch spricht, bietet der Bewohnerin des Hauses, die anonym bleiben möchte, seine Dienste an. «Wir hatten schon zweimal gute Erfahrungen mit hausierenden Handwerkern gemacht», erzählt die Frau. Und weil die eine oder andere Arbeit rund ums Haus ansteht, entschliesst sie sich zum dritten Mal, einem Wanderhandwerker ihr Vertrauen zu schenken. «Das werde ich bestimmt nie wieder tun», sagt sie heute.
Auf einem Rundgang ums Haus legen die Hausbesitzerin und der Handwerker die Details fest. Der Auftrag lautet: Alle hölzernen Fensterläden und das alte Gartenhäuschen abschleifen und neu streichen, hinzu kommen kleinere Fugenarbeiten. Auch im Preis wird man sich einig. Nur schriftlich festgehalten und unterschrieben wird nichts von all dem.
Mehrere Tausend Franken
Im Laufe der folgenden Tage und Wochen macht sich der Elsässer an die Arbeit, nimmt einmal seinen Sohn mit, schickt ein anderes Mal Gehilfen nach Horgen. Werkzeug haben die Männer kaum, die Auftraggeber stellen es ihnen zur Verfügung. «Ich habe schnell gemerkt, dass die keine Ahnung haben», sagt die Hausbesitzerin. Doch sie liess die Handwerker walten. Die Fensterläden sind früher fertig als versprochen. Heute, also einige Wochen nach dem neuen Anstrich, blättert bereits die Farbe ab. Qualitätsarbeit sieht anders aus.
Irgendwann will der Chef Geld sehen – und die Hausbesitzerin geht folgsam zur Bank. «Ich stand wie unter einem Bann», sagt sie. Sie schäme sich dafür, so leichtgläubig gewesen zu sein. Mehrere Tausend Franken drückt sie dem Handwerker in die Hand. Eine Kopie der Quittung bekommt sie keine und wird auch nach mehrmaligen Nachfragen per Telefon immer vertröstet. «Inzwischen hebt der Mann gar nicht mehr ab.»
«Wir kommen nochmals»
Mit einem Blick auf das Resultat der Arbeiten liesse sich mit sehr viel Wohlwollen sagen: Menschen haben unterschiedliche Ansprüche an Qualität. Viel treffender ist es aber, von Pfusch zu sprechen. Und mehr noch: Die vereinbarten Arbeiten wurden gar nie abgeschlossen. Die Hinterseite des Gartenhäuschens etwa haben die Handwerker nie abgeschliffen. «Am Telefon hiess es immer und immer wieder, sie kämen dann nochmals, um alles fertigzustellen», sagt die Frau. Bis jetzt sind das leere Versprechungen.
Und was sagt der Handwerker zu den Vorwürfen der unzufriedenen Kundin? Das Telefon hebt er in diesem Fall sofort ab. Die Kundin sei kompliziert gewesen, habe die Farbwünsche geändert. «Das verursacht hohe Kosten», sagt er. Ausserdem sei vereinbart gewesen, die Rückseite des Gartenhäuschens nicht zu streichen. Und die abblätternde Farbe? «Ein Problem mit der Maschine beim Spritzen.» Sobald er Zeit habe, werde er jemanden nach Horgen schicken, um den Auftrag abzuschliessen. Auch die Quittung bekomme die Frau dann, das sei alles kein Problem. Nur sei er gerade beschäftigt. Er habe nämlich zufriedene Kunden in der ganzen Schweiz.
Kein Einzelfall
Die Horgnerin weiss von Bekannten, dass an zwei weiteren Adressen im Dorf sowie im Hirzel und in Oberrieden in den letzten Tagen ähnliche Anfragen von hausierenden Handwerkern eingegangen sind. Der Kantonspolizei Zürich sind solche Situationen, wie sie die Horgner Hausbesitzerin erlebt hat, ebenfalls bekannt. «Es kommt immer wieder zu ähnlichen Vorfällen auf verschiedenen handwerklichen Gebieten», sagt der Kapo-Sprecher Stefan Oberlin. Hausierende bieten etwa ihre Dienste an, um Vorplätze zu teeren oder Fassaden und Dächer zu putzen.
Es handle sich dabei oft um Leute aus dem Ausland, eine bestimmte Gruppierung sei nicht auszumachen. «Das wären zwar vielleicht gute Handwerker, aber es gibt keine Gewähr, dass die Arbeit auch professionell durchgeführt wird», sagt Oberlin. Betrug sei das allerdings nicht. Und sei das Geld erst einmal bezahlt, sei es sehr schwierig, dieses je zurückzubekommen. Oberlin rät deshalb, vor der Auftragsvergabe grosse Vorsicht walten zu lassen und die Tipps der Kantonspolizei (siehe Box) zu befolgen.
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