Analyse zum TV-Duell der VizesKamala Harris empfiehlt sich fürs Weisse Haus
Die Vertreter von Trump und Biden kreuzten in der Nacht die Klingen. Mike Pence kämpfte ohne Perspektive, für Kamala Harris sah das anders aus.
Ein Debakel wie der Schlagabtausch zwischen Donald Trump und Joe Biden in der vergangenen Woche war es nicht: Die nächtliche TV-Debatte der beiden US-Vizepräsidentschaftskandidaten verlief recht gesittet und war zuweilen sogar lehrreich. Der Hype im Vorfeld des verbalen Wettkampfs zwischen Trumps Vize Mike Pence und der Demokratin Kamala Harris war freilich überflüssig: Beide, so hiess es, seien die Stellvertreter der ältesten Präsidentschaftskandidaten der amerikanischen Geschichte, weshalb sie im Notfall selbst das Präsidentenamt übernehmen müssten.
Mag sein. Doch weder verkörpert Mike Pence die amerikanische Zukunft noch die Zukunft der Republikanischen Partei. Der Vizepräsident, bekannt vor allem als treuer Weggefährte Trumps, steht gewiss nicht für einen gesellschaftlichen Aufbruch inmitten des demografischen Wandels der amerikanischen Gesellschaft. Verliert Trump im November, wird der eher farblose Pence in der Versenkung verschwinden. Gewinnt Trump, droht ihm dasselbe Schicksal in vier Jahren. Denn die Republikanische Partei wird ihre Augen anderswohin richten.
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Senatorin Harris als Kind zweier Einwanderer und erste nicht-weisse Vizepräsidentschaftskandidatin hingegen widerspiegelt die monumentalen Veränderungen der US-Gesellschaft. Ungeachtet des Wahlergebnisses im November wird sie als Kronprinzessin der Demokratischen Partei fungieren.
Die Debatte am gestrigen Abend in Salt Lake City dürfte die Stellung der kalifornischen Senatorin zementieren: Sie parierte Pence und unterstrich, dass sie die richtige Wahl für die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatur ist.
Der Vizepräsident mochte sich nach besten Kräften bemühen, seinen Dienstherren in ein möglichst gutes Licht zu rücken. Die kommende Wahl aber ist nicht nur ein Referendum über Donald Trump: Als Vorsitzender der Coronavirus-Task-Force trägt Mike Pence Mitverantwortung für den katastrophale Entwicklung der Pandemie in den Vereinigten Staaten.
Tatsächlich hätte der Vizepräsident überhaupt nicht anwesend sein dürfen in Salt Lake City. Auch Pence war am vorletzten Samstag präsent bei Donald Trumps Superspreader-Event im Weissen Haus, wo er direkt vor dem infizierten Senator Mike Lee sass.
Die Richtlinien des Centers for Disease Control and Prevention empfehlen, dass sich eine Person unter diesen Umständen zwei Wochen in Quarantäne begeben soll. Nicht so Mike Pence. Dem Vizepräsidenten fiel gestern die unlösbare Aufgabe zu, Donald Trumps Präsidentschaft in einen glänzenden Erfolg zu verwandeln. Es gelang ihm nicht.
Und sein Versuch, den amerikanischen Wählern unter Verweis auf die vermeintliche Radikalität Joe Bidens Angst einzuflössen, misslang gleichfalls. Der Vizepräsident ist ein Politiker auf Abruf, auch ein Wahlsieg Trumps würde nichts daran ändern. Kamala Harris empfahl sich dagegen mit ihrer gestrigen Vorstellung für höchste Weihen. Sie könnte die erste Amerikanerin sein, die ins Weisse Haus einzieht.
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