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Ehemaliger deutscher Bundespräsident
Joachim Gauck warnt vor falschem Pazifismus im Ukraine-Konflikt

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Der ehemalige Bundespräsident von Deutschland warnte in der ZDF-Talk-Show von Markus Lanz vor falschem Pazifismus und sagte, er würde auch selbst zur Waffe greifen, wenn Deutschland angegriffen würde. «Ich würde mir wünschen, es nicht tun zu müssen. Aber in einem solchen Fall würde ich es tun, ja», erklärte Joachim Gauck vor über 1,2 Millionen Zuschauern und Zuschauerinnen.

Die Deutschen müssten wieder lernen, dass Freiheit verteidigt werden müsse, konstatiert Gauck. Pazifismus sei ehrenvoll, führe aber nicht zum Guten. «Er zementiert nur die Dominanz der Bösen, der Unmenschlichen und der Verbrecher.»

«Der Verzicht auf Waffenlieferung ist im Prinzip eine Begünstigung des Aggressors.»

Joachim Gauck war der erste parteilose Bundespräsident von Deutschland. In der Talkrunde von Markus Lanz übte er scharfe Kritik an den Unterzeichnenden eines offenen Briefes, der von der Ukraine einen Waffenstillstand forderte. Deutschland dürfe sich nicht anmassen, den Ukrainerinnen und Ukrainern als Betroffene und Opfer zu sagen, was sie zu tun hätten, sagte der 82-Jährige.

Weiter fehle es bei einem Waffenstillstand an einer Zielperspektive. Man könne nicht auf Verhandlung setzen und den Überfallenen dadurch schwächen, indem man ihm nicht weiter aufhelfe, so Gauck.

Um zu verhandeln, müsse man respektiert werden, und Respekt verdiene man nur, wenn man dem Gegner auch Niederlagen beibringen könne. «Der Verzicht auf Waffenlieferung ist im Prinzip eine Begünstigung des Aggressors», erklärte der ehemalige Pastor.

Wertebasis nicht verraten

Er warnte vor einer Kapitulation vor den Gewissenlosen, diese hinterfragten nicht, ob es recht sei, zur Waffe zu greifen. Das machten nur die Gewissenhaften. «Und wenn die Gewissenhaften aus Scheu vor dem Verteidigungshandeln, auch vor dem robusten Verteidigungshandeln, sagen: ‹Nein, ich mache mir die Finger nicht schmutzig›, dann verraten sie die Wertebasis, die ihnen aber eigentlich das Leben doch so ermöglicht hat, wie sie es gerade leben.»

Gauck war bis zur letzten Minute überzeugt gewesen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht «so dumm» sein würde, einen solchen Krieg zu beginnen. Der 82-Jährige distanzierte sich schon immer von Russland und hatte auch als Bundespräsident eine kritische Haltung gegenüber Putin. Beispielsweise boykottierte er eine Einladung zu den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi und machte nie einen Staatsbesuch in Moskau. 

Gauck rief in der Sendung zu Solidarität gegenüber dem «überfallenen Opfer» Ukraine auf. Die Deutschen dürften sich nicht unterschätzen. Deutschland könne nicht nur Wirtschaftswunder, «sondern wir sind auch die, die einmal die Zähne zusammenbeissen können, wenn wir damit anderen Menschen helfen können». Gauck stellte einen Wandel in der deutschen Bevölkerung fest «hin zu mehr Bereitschaft, das eigene Land zu verteidigen, und auch die Verteidigungsausgaben, so wie sie jetzt beschlossen worden sind, zu akzeptieren». Das sei über Jahrzehnte anders gewesen.