Interview mit ZSC-CEO Peter Zahner«Jetzt gibt es keine Choreos mehr, keine Fahnen, keine Trommeln»
Der Geschäftsführer der Lions erklärt die Sanktionen für die Pyroattacken in Rapperswil und äussert sich nach dem 1:4 gegen Servette zur Krise unter Coach Marc Crawford.
Die ZSC Lions haben unter dem neuen Coach Marc Crawford nun vier Spiele in Serie verloren und wirken immer ratloser. Was ist los, Herr Zahner?
Einerseits zieht es sich schon durch die ganze Saison, dass wir viele Spiele verlieren, weil wir uns unnötige Strafen einhandeln, weit weg vom Tor oder abseits des Pucks. Das erkannte auch Marc Crawford schnell. Er forderte, dass wir die Stockfouls abstellen. Gegen Servette waren die Spieler nun unglaublich vorsichtig, zu vorsichtig. Vor allem in den Zweikämpfen an der Bande. Andererseits sind wir in der Offensive momentan ineffizient und können uns zu wenige gute Torchancen erarbeiten.
Hat die sportliche Führung der ZSC Lions unterschätzt, wie sehr ein Trainerwechsel die Mannschaft durchrüttelt?
Nein. Sie stellen mit dieser Frage in den Raum, dass die Mannschaft besser dastehen würde, wenn wir keinen Trainerwechsel vollzogen hätten. Das ist hypothetisch. Wir sind seit Dezember in diesem Fahrwasser. Wir hatten schon vor dem Trainerwechsel viele schlechte Spiele, gegen Rapperswil, Lausanne, Fribourg oder Ambri. Es wäre vermessen gewesen, zu erwarten, dass mit Crawford auf einen Schlag alles besser wird und wir aus sechs Spielen 18 Punkte holen.
Wie kann es sein, dass eine solch erfahrene Mannschaft so verunsichert wird?
Man muss sehen, dass sich die Liga verändert hat mit sechs Ausländern. Jeder bringt nun zwei gute Powerplay-Formationen aufs Eis. Bei uns heisst es, wir hätten ein Luxuskader. Aber viele andere haben auch ein ausgezeichnetes Kader. Servette, Biel, Lugano, Davos und so weiter. Man könnte fast alle aufzählen, auch Lausanne. Man kann sich fragen: Was tun die da hinten in der Rangliste? Wir haben eine gute Mannschaft, aber andere auch. Man kann nicht erwarten, dass wir die Liga dominieren.
«Wenn du in dieser Liga nicht regelmässig punktest, wirst du nach hinten durchgereicht. Wir müssen jetzt schnell lernen.»
Die ZSC Lions haben nun nochmals vier Trainingstage, dann wird es intensiv mit 9 Spielen in 17 Tagen. Wenn es so weitergeht, rutschen sie aus den direkten Playoff-Rängen. Was muss jetzt passieren?
Wenn man in dieser ausgeglichenen Liga nicht regelmässig punktet, wird man nach hinten durchgereicht. Das ist so. Wir müssen jetzt schnell lernen. Es ist eine schwierige Phase, gleichzeitig haben wir einige Verletzte wie andere Teams auch. Aber damit müssen wir umgehen können.
Wollte Crawford zu viel verändern?
Nein, das glaube ich nicht. Aber er musste zuerst die Mannschaft kennen lernen. Jetzt hat er sie kennen gelernt. Da müssen wir jetzt durch. Wir kommen da nur heraus mit sehr viel Engagement und schlauem Spiel.
Ein anderes für Sie unerfreuliches Thema: Am Samstag vor einer Woche zündeten ZSC-Fans Pyros in Rapperswil-Jona und versuchten spätabends, das Stadion zu stürmen. Wie arbeiten Sie diese Vorfälle auf?
Wir nahmen am Sonntag früh sogleich Kontakt auf mit allen Fanvertretern und forderten sie auf, Stellung zu nehmen. Zu jenem Zeitpunkt wussten wir nur von den Pyrovorfällen. Aber es begann ja schon mit einer Schifffahrt am Samstagnachmittag vom Bürkliplatz nach Rapperswil. Wir tauschten uns mit allen aus, auch mit der Stadtpolizei, unserem Sicherheitsdienst und mit der Liga. Dann werteten wir alles aus.
Am Freitag trafen Sie sich mit den Fandelegierten. Mit welchem Resultat?
Auch sie waren bestürzt. Sie sagten: Das geht nicht. Das war viel zu viel. Der Limmatblock verteilte am Samstag am Spiel gegen Servette Flyer, in dem er das zum Ausdruck brachte. Für uns ist klar: Das ist nicht akzeptabel. Die Liga beschloss im Austausch mit uns, dass in den ZSC-Kurven bis auf weiteres kein Fanmaterial mehr zugelassen ist. An den Heim- wie Auswärtsspielen. Jetzt gibt es keine Choreos mehr, keine Trommeln, keine Fahnen. Und wenn nochmals so etwas passiert, folgen weitere Massnahmen.
Welche?
Der nächste Schritt wäre wohl die ID-Kontrolle bei unseren Stehplatzfans.
«Die grossen Blockfahnen, die missbraucht werden können, um gewisse Dinge zu vertuschen, dürfte man bei uns länger nicht mehr sehen.»
Wie lange dauern diese Sanktionen?
Bis auf weiteres. Es kann sein, dass man nach einer gewissen Anzahl Spiele sagt: Trommeln und Megafone sind wieder erlaubt. Oder kleine Fahnen. Aber die grossen Blockfahnen, die missbraucht werden können, um gewisse Dinge zu vertuschen oder Positionswechsel vorzunehmen, dürfte man bei uns länger nicht mehr sehen.
Werden die Rädelsführer zur Rechenschaft gezogen?
Einer der Anführer wurde identifiziert und mit einem dreijährigen schweizweiten Stadionverbot belegt. Die Polizei wird auch noch ein Rayonverbot verfügen. Wir haben gehört, dass bei drei weiteren Personen die Bilder so gut sein sollen, dass auch sie identifiziert und bestraft werden können. Vier von fünf Anführern wären damit sanktioniert.
Auch in der Swiss-Life-Arena wurden schon Pyros gezündet, Klotener Fans zerstörten die Gästetoiletten. Stellen Sie eine höhere Gewaltbereitschaft fest?
Da müssten Sie die Fachleute fragen. Es gibt die Argumentationslinie, dass dies die Nachwehen der Corona-Massnahmen sind. Die Silvesterausschreitungen in Berlin, jedes Wochenende die Gewalt in der Partyszene, es gibt viele Beispiele. In Rapperswil waren auch Fans des SC Freiburg dabei. Wir haben unseren Fanverantwortlichen nun klipp und klar gesagt: Wenn ihr eine Fanfreundschaft habt, übernehmt ihr auch die Mitverantwortung für eure eingeladenen Gäste.
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