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IWF warnt Schweiz vor Immo-Markt

Die Finanzstabilität der Schweiz sei laut IWF insbesondere durch mögliche Entwicklungen im Immobilien- und Hypothekarmarkt bedroht. (Archiv)
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Grundsätzlich stellt der IWF der Schweiz in seinem jährlichen Länderexamen gute Noten aus. Wie bereits in den Vorjahren empfiehlt er der Schweiz aber, die Staatsausgaben zu erhöhen. Damit könnte auch die Geldpolitik entlastet werden, sagte Rachel van Elkaan, die Leiterin der IWF-Delegation, am Montag vor den Medien in Bern.

Die kontrazyklische Rolle der Schuldenbremse sollte gestärkt werden, fordert der IWF. Konkret: Überschüsse sollten in Investitionen fliessen und nicht zu Steuersenkungen führen. Zusätzliche öffentliche Ausgaben wären eine Investition in die Zukunft der Schweiz und würden sich - durch die Ankurbelung des Wachstums - teilweise selbst finanzieren.

Der Bund ist in diesem Punk mit dem IWF nicht einverstanden, wie Serge Gaillard, der Chef der Eidgenössischen Finanzverwaltung, erläuterte. Aus seiner Sicht unterschätzt der IWF die öffentlichen Ausgaben.

In den vergangenen zehn Jahren seien im Gesundheitswesen, in der Bildung und in der Verwaltung 200'000 Stellen geschaffen worden, gab Gaillard zu bedenken. Die Bildungsausgaben seien jährlich um 2,5 Prozent gewachsen, die Ausgaben für Strassen um 3 Prozent und jene für die Bahn um 2,5 Prozent. Das habe eine stabilisierende Wirkung gehabt.

Massnahmen gegen Immobilienblase

Risiken sieht der IWF vor allem in der hohen Verschuldung der Privathaushalte - einer der weltweit höchsten - und im Immobilien- und Hypothekarmarkt, namentlich bei den Wohnrenditeliegenschaften. Die Nachfrage bleibe trotz rekordhoher Preise hoch, angetrieben durch die tiefen Hypothekarzinsen, die hohe Zinsmarge der Banken und die Erwartung künftiger Gewinne, schreibt der IWF.

Rund 85 Prozent des inländischen Vermögens der Banken seien Hypotheken, hält der IWF fest. Auch Pensionskassen und Versicherungen seien betroffen. Ein Preiszerfall könnte somit ernste Auswirkungen auf die Wirtschaft und bedeutende soziale Kosten haben.

Der IWF begrüsst, dass die Bankiervereinigung in Betracht zieht, die Massnahmen zur Selbstregulierung bei der Hypothekenvergabe zu verschärfen. Vorschläge sollen im Sommer auf dem Tisch liegen. Denkbar sind eine Verkürzung der Amortisationsdauer und eine Senkung der Belehnungsquote.

Unabhängige Finma stärken

Positiv erwähnt der IWF Verbesserungen in der Regulierung des Finanzmarktes und der Aufsicht. Es verblieben aber Mängel, schreibt er. Rachel van Elkaan hob die Bedeutung der Unabhängigkeit der Finanzmarktaufsicht (Finma) hervor. Diese sollte noch gestärkt werden, fordere sie.

Die Finma sollte ausserdem aus Sicht des IWF befugt sein, Prüfgesellschaften direkt damit zu beauftragen, Banken unter die Lupe zu nehmen. Sie selbst sollte mehr Kontrollen vor Ort durchführen, vor allem bei den Grossbanken. Weiter empfiehlt der IWF die Schaffung einer Bankeinlagen-Versicherung, im Einklang mit internationalen Normen. Die geplante Revision der Einlagensicherung erachtet sie als ungenügend.

Der IWF äussert sich auch zu den Lohnunterschieden zwischen der Schweiz und den Nachbarländern. Diese schienen sich angesichts der internationalen Arbeitsmobilität nicht verringert zu haben, hält er fest. Die Zunahme ausländischer Arbeitskräfte habe zur Schaffung neuer Jobs für einheimische Arbeitskräfte und zum Wachstum der Durchschnittslöhne beigetragen, was wiederum das Produktivitätswachstum ankurble.

Unternehmensbesteuerung ändern

Weiter würdigt der IWF die solide Lage der öffentlichen Haushalte und den geldpolitischen Kurs. Und er ermutigt die Schweiz zu weiteren Fortschritten beim internationalen Commitment, insbesondere bei der Unternehmensbesteuerung. Den internationalen Verpflichtungen nachzukommen sei unabdingbar, um Unsicherheit und Reputationsrisiken zu vermeiden, hält er fest. Der Bundesrat schreibt dazu in seiner Mitteilung, der IWF sehe Risiken im Falle einer Ablehnung der Unternehmenssteuerreform durch das Volk.

Die Delegation des IWF hat das Länderexamen vom 21. März bis zum 1. April in Bern und Zürich durchgeführt. Die regelmässige Beurteilung der Wirtschafts- und Finanzlage seiner Mitgliedsstaaten ist ein Kernelement der Tätigkeit des IWF.

In Sachen Konjunktur kommen auch von anderer Seite negative Zahlen. Die Einkaufsmanager der Schweizer Industrieunternehmen zeigen sich viel pessimistischer als noch vor Monatsfrist. Der Rückgang kommt für Ökonomen aber nicht unerwartet.

Der sogenannte Purchasing Managers' Index (PMI, saisonbereinigt) sackte im März zum Vormonat um 5,1 Punkte auf 50,3 Zähler ab. Dies ist der tiefste Stand seit Dezember 2015 und der stärkste Rückgang seit November 2008. Der PMI notiert nur noch wenig über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und unter dem langjährigen Durchschnitt von 55 Punkten. Sämtliche Subindikatoren verloren im März an Terrain. Der Rückgang sei wohl die Konsequenz der Wachstumsflaute im Ausland, vor allem der europäischen Industrie, heisst es in einer Mitteilung der Credit Suisse vom Montag. Die Grossbank berechnet den Index zusammen mit dem Fachverband für Einkauf und Supply Management.

Schweiz mitten in Europa

Der März-Rückgang sei heftig. «Überraschend ist es jedoch nicht, wenn wir die starke Abhängigkeit der Schweiz von Europa sehen», sagte Renato Flückiger, Chefökonom der Valiant Bank. In der Euro-Zone seien die PMIs mit 47,5 Punkten bereits unter die Wachstumsschwelle gefallen.

Valiant rechnete mit einem Rückgang. «Jedoch nicht ganz in diesem Ausmass», sagte Flückiger. Denn gerade der Schweizer Aussenhandel habe sich im Januar und Februar sehr gut gehalten. Auffallend sei, dass sich alle Subkomponenten verschlechtert hätten. «Solche Umfragen sind häufig stark von einem allgemeinen Gefühl geprägt und einzelne Werte darf man nicht überinterpretieren», sagte Thomas Stucki, Chefanlagestratege der St. Galler Kantonalbank. Der Rückgang sei auch dem «allgemeinen Unsicherheitsgefühl» geschuldet, hervorgerufen durch den Brexit und den Schwierigkeiten der für die Schweiz sehr wichtigen deutschen Autoindustrie.

Eine rasche Veränderung der aktuellen Lage sei nicht erwarten, schreibt die CS. Die Unternehmen hätten bereits auf die Flaute reagiert und ihre Bestände der geringeren Nachfrage angepasst. Dies sei aber auch ein Zeichen dafür, dass sich der Produktionsrückgang nicht merklich verschärfen sollte. Positiv stimme die Tatsache, dass die Unternehmen nach wie vor Personal einstellten, wenn auch weniger verbreitet als in den Vormonaten.

Keine Rezession

Schweizer Wirtschaft dürfte aber insgesamt robust bleiben, stellen die Studienautoren fest. Der noch vor rund einem Jahr festgestellte «Mini-Boom» der Schweizer Wirtschaft sei rascher als erwartet zu Ende gegangen.

Auch der am vergangenen Freitag veröffentlichte KOF-Konjunkturbarometer signalisierte für die Schweizer Wirtschaft ein eher schwaches Wachstum in den kommenden Monaten. Der von ETH Zürich berechnete Frühindikator ist zwar im März zwar gestiegen, blieb aber unterdurchschnittlich. Immerhin wurde die jüngste Abwärtstendenz - zumindest vorerst - beendet.

Die Zeichen mehren sich, dass bis ins dritte Quartal deutlich weniger Dynamik aus den Ausrüstungsinvestitionen und dem Aussenhandel zu erwarten sind, sagte Valiant-Ökonom Flückiger.

«Wir gehen entsprechend von einer Wachstumsverlangsamung aber keiner Rezession hierzulande aus», erklärten die CS-Ökonomen. Der Binnenkonsum sollte solide bleiben, weil die Arbeitsmarktlage gut bleibe. Der Dienstleistungssektor erfreue sich zudem einer nach wie vor soliden Nachfrage.

Unterstützung könnte von kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) kommen. Diese zeigen sich nach einem schwierigen Februar wieder optimistischer. Der sogenannte Raiffeisen KMU PMI stieg im März um 3,7 auf 55,1 Punkte und steht damit klar über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern.

SDA/sep