Interview zur Standortförderung im Weinland«Wir mussten zuerst zeigen, wer wir überhaupt sind»
Der Chef von Pro Weinland spricht über die Schwierigkeiten der Standortförderung und darüber, wer alles von Geldern profitieren könnte und welche Idee er vorantreiben möchte.
Die kantonalen Rahmenbedingungen sind klar: Strukturschwache Regionen wie das Zürcher Weinland oder das Zürcher Berggebiet sollen einwohnermässig kaum mehr wachsen. Hingegen sollen sie als möglichst unverbaute Ausflugsziele erhalten bleiben. Dafür profitieren sie von einem Förderprogramm des Bundes: der sogenannten Neuen Regionalpolitik (NRP).
Mit der NRP «sollen Innovation, Wertschöpfung und Wettbewerbskraft strukturschwacher Regionen gestärkt werden, um Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen», heisst es im betreffenden Regierungsratsbeschluss. Schon seit längerem profitiert das Zürcher Berggebiet darum von «A fonds perdu»-Beiträgen und zinslosen Darlehen. Seit 2020 gibt es einen solchen Fördertopf auch für das Zürcher Weinland – bezahlt von Bund, Kanton und Gemeinden.
Derzeit läuft im Bezirk Andelfingen die zweite Förderperiode mit den Schwerpunkten Tourismus, Industrie und Dienstleistungen sowie Lebens- und Wirtschaftsraum. Für die Umsetzung in der Region und das Sprechen der Fördergelder ist das Regionalmanagement Pro Weinland zuständig. Der neue Chef Nik Berger äussert sich im Interview zum aktuellen Stand.
Herr Berger, nach zwei Jahren NRP-Förderprogramm im Weinland titelte diese Redaktion: «Grosse Geldsumme liegt bereit – Interesse daran bislang klein». Hat sich das mittlerweile geändert?
Der Titel spielte wohl auf die externen Projekte an. Davon konnten wir in der ersten Periode tatsächlich nur drei unterstützen: den Wimmelpfad in Rudolfingen, einen Genuss-Veloweg entlang des Rheins und den Flaachtaler Verein«AgroCo2ncept». Aber im Kanton Zürich können die Förderorganisationen vor Ort zusätzlich auch eigene Projekte starten. So lancierten wir zum Beispiel Weinwanderwege durch verschiedene Rebberge in der ganzen Region …
… also konnten Sie die gut 1 Million Franken, die Sie für die erste Periode 2020 bis 2023 zur Verfügung hatten, gar nicht ganz ausschöpfen?
Doch. Neben den externen Projekten und unseren eigenen Ideen ging ein beträchtlicher Teil in die Aufbauarbeit. Wir mussten hier aus einem privaten Verein ein professionelles Regionalmanagement mit Büroräumen und Angestellten auf die Beine stellen und ein Netzwerk knüpfen.
Und doch: Nur drei externe Projekte, die Geld erhielten, das hört sich für Aussenstehende nicht gerade nach viel an. Für die zweite Periode haben Sie sogar knapp über 2 Millionen Franken zur Verfügung. Wie ist das Interesse heute?
In den ersten zehn Monaten des neuen Umsetzungsprogramms konnten wir bereits drei externe Projekte mitfinanzieren und sind in Gesprächen mit vier weiteren interessierten Projektteams. Ich habe das Gefühl, wir mussten zuerst zeigen, wer wir überhaupt sind und was wir machen. Jetzt kennen uns die Leute und kommen mit ihren Ideen. Sowieso müssen neu jährlich mindestens 15 Prozent unserer Gelder an externe Trägerschaften gehen.
Können Sie uns sagen, was für neue Projekte das konkret sind?
Zwei Projekte kommen von der Zürcher Planungsgruppe Weinland (ZPW): Einerseits geht es ums Thema Wohnen im Weinland, andererseits ums Flächenmanagement in den Arbeitsplatzgebieten. Konkret, wie die bestehenden Arbeitsplatzgebiete, zum Beispiel in Marthalen, am besten den zukünftigen Bedürfnissen angepasst werden könnten. Dafür stehen wir im Austausch mit den einzelnen Gemeinden und dem lokalen Gewerbe. Und drittens sprachen wir Gelder zur Ausarbeitung einer Tourismusstrategie in Rheinau.
Das klingt jetzt alles doch wieder recht abstrakt. Was braucht es denn, damit man in den Genuss von NRP-Fördergeldern kommt?
Zuerst einmal eine gute Idee. Diese muss im Bezirk Andelfingen umgesetzt werden und mehreren Akteuren Wertschöpfung bringen. Das Geld dafür kann sowohl an Vereine, Firmen und Organisationen als auch an Gemeinden gehen. Wir unterstützen dann die Projektträger finanziell und falls gewünscht aktiv mit unserem Wissen und Netzwerk.
Welche Schwierigkeiten gibt es dabei?
Die teilweise zu hohen Erwartungen von allen Seiten: Einige Projekte dürfen wir mit den NRP-Geldern leider gar nicht fördern. Wir können nur eine Anschubfinanzierung leisten. Danach muss das Projekt selbsttragend laufen.
Zum Schluss: Worauf legen Sie den Fokus in der zweiten NRP-Periode?
Wir wollen unbedingt die Idee einer prominenten Regionalmarke vorantreiben. So wie es das Zürcher Berggebiet mit dem Label «us em Zürioberland» erfolgreich vorgemacht hat.
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