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Köcherfliegen in Zürich
Warum die Limmat gerade wieder eine Insekten-Invasion erlebt

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Kaum am Fluss, beginnt die Plage. Riesige Schwärme von flatternden Insekten umschwärmen das Gesicht, einzelne verfangen sich in den Haaren, sie surren um die Ohren. Auch ohne Schweissgesicht vom Joggen oder Sekt in der Hand. Jedes Gefuchtel, um die lästigen kleinen Tiere zu vertreiben, ist umsonst. Die Köcherfliegen haben gerade Hochsaison. Die Insektenforscherin Verena Lubini beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Insekt.

Warum tauchen die «Limmatfliegen» jetzt so plötzlich auf?

Wenn über längere Zeit eine gewisse Temperatur erreicht ist, schlüpfen sie alle auf einmal. Doch im Vergleich zum 19. Jahrhundert ist das, was wir im Moment haben, gar nichts. Damals trat diese Art von Köcherfliegen, die auch Hydropsyche incognita heisst, so massenhaft auf, dass sie nicht nur wie jetzt zu Tausenden an Quaigeländern und Bäumen der Limmat herumflogen, sondern morgens auch noch in grosser Zahl an den Häusern des Zürichbergs gefunden wurden.

An Land paaren sich die adulten Tiere meist irgendwo im Gebüsch.

Auf dem Weg der Uferpromenade paaren sich die Insekten. Gibt es bald noch mehr von ihnen?

Ja, im Mai ist immer Paarungszeit. Sie gehen dann meist irgendwo ins Gebüsch, wo das Männchen mit seinem Greifwerkzeug das Weibchen am Hinterleib festhält und es begattet. Danach fliegt das Weibchen zur Limmat und legt unter Wasser bei einem Stein bis zu 500 Eier ab. Kurz darauf schlüpfen die Larven und häuten sich mehrmals. In grossen Flüssen kann man sie in einer Dichte von tausenden Individuen pro Quadratmeter finden.

«Die Tiere haben keinen Stachel und sind somit überhaupt nicht gefährlich für Menschen.»

Wie fressen die Larven unter Wasser?

Am Anfang spinnen sie ein kleines Netz, das wie ein stehendes Gitter aussieht und etwa die Grösse eines 50-Rappenstückes hat. Darin bleiben unter anderem Wasserflöhe oder Grünalgen hängen. Sie sind also keine Räuber, sondern eher passive Filtrierer. Um dafür die besten Plätze zu ergattern, kämpfen sie gegen ihre Konkurrenten. Im Frühjahr bauen sich die Larven einen Köcher, der aussieht wie eine Art Seidenstrumpf mit Steinchen dran. Darin verpuppen sie sich. Nach dieser etwa drei- bis vierwöchigen Puppenruhe beissen sie sich aus dem Kokon, schwimmen an Land und gehen einzeln aus dem Fluss.

Und dann fliegen sie gleich los?

Nein, nicht sofort. An Land häuten sie sich nochmals. Um ihre Flügel zu entfalten, müssen sie zuerst noch Hämolymphe in die Adern pumpen. Obwohl man diese Insektenart früher auch Badener Mücke nannte, hat sie keinen Stachel und ist somit nicht gefährlich für Menschen. Die Flügel sind bei allen Köcherfliegenarten behaart.

In der Luft wirken Limmatfliegen hyperaktiv und äusserst hektisch. An Land dagegen fast lethargisch. Woran liegt das?

In den jetzt überall zu beobachtenden Tanzschwärmen geht es vor allem darum, einen Geschlechtspartner zu finden. Beim Fliegen können sie eine Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h erreichen, etwa wie ein Velofahrer. In der Tat sind Köcherfliegen ansonsten nicht sehr reaktionsschnell, wenn sie einmal sitzen.

Welche Feinde haben sie?

Die adulten Tiere werden von Fledermäusen und Vögeln gefressen. Ihr Auftreten in grossen Schwärmen hat den grossen Vorteil, dass sie sofort einen Geschlechtspartner finden und auch Fressfeinden besser entgehen können. In der Schweiz gibt es insgesamt 315 Köcherfliegenarten, davon etwa ein Drittel auf Zürcher Stadtgebiet.

Dieser Artikel erschien am 18. Mai 2018 und wurde am 18. Mai 2022 aktualisiert.