Der Wolf in der SchweizImmer mehr Kantone lassen Rudel dezimieren
Die Wolfsabschüsse in den Kantonen nehmen in diesem Sommer massiv zu. Die Kantone nutzen die revidierte Jagdverordnung, die ihnen ein rasches Eingreifen erlaubt.
Die Walliser Wildhut erlebt einen strengen Sommer, aber arbeitet zugleich auffallend effizient. Am 14. Juli gab Staatsrat Frédéric Favre (FDP), Chef über Sicherheit, Sport und Institutionen, einen Einzelwolf in der Region Val-d’Illiez zum Abschuss frei. Am 22. Juli erschien Favres Abschussbewilligung im Walliser Amtsblatt und war damit rechtskräftig. Am 23. Juli hatte die Wildhut den Wolf bereits erlegt.
Am 25. Juli hielt Favres Departement noch einmal einen Rückblick, verschickte eine Medienmitteilung mit einem Bild des toten Wolfs und nannte die Gründe für den Abschuss. Seit Beginn des Alpsommers sei eine Reihe von Schafherden zum Ziel eines einzelnen Wolfs geworden, hiess es im Communiqué. Trotz Herdenschutz habe der Wolf zwölf Nutztiere getötet. Damit seien die Voraussetzungen für den Abschuss gemäss der am 15. Juli 2021 in Kraft getretenen, revidierten Verordnung zum Bundesgesetz über die Jagd (JSV) gegeben gewesen.
Dasselbe trifft auf einen weiteren Wolf im Wallis zu, den die Wildhut seit dem 22. Juli schiessen darf und in der Region Goms-Aletsch vermutet. Dieses Tier habe 30 Nutztiere auf einer nicht schützbaren Alp getötet, so das Departement von Frédéric Favre. Der Wildhut bleiben noch knapp 60 Tage, um auch dieses Tier zu erlegen.
Auch Jungwölfe im Visier
Das Wallis ist kein Einzelfall. Gleich mehrere Kantone ordneten in den letzten Tagen Wolfsabschüsse an. Im Kanton Glarus soll ab dem 1. August ein Wolf geschossen werden, der 13 Schafe und zwei Ziegen gerissen und weitere verletzt hat. Graubünden will das Beverin-Rudel um zwei Wölfe verkleinern. In der Waadt wiederum soll ein Wolfsrudel dezimiert werden, das für den Tod zweier junger Rinder verantwortlich ist und darüber hinaus mutmasslich sieben Ziegen gerissen hat. Den Abschuss eines einzelnen Wolfes aus dem Rudel hat der Waadtländer Staatsrat Vassilis Venizelos (Grüne) bereits angeordnet. Doch damit nicht genug. Gemäss einem Departementssprecher hat die Waadt den Bund im Fall desselben Rudels nun ersucht, drei von sechs in diesem Jahr geborene Jungwölfe erlegen zu dürfen.
Abschüsse sind legal
Auch bei der Naturschutzorganisation Pro Natura beobachtet man die Vergabe von Abschussbewilligungen genau. Sprecherin Nathalie Rutz sagt, einzelne Abschüsse von Tieren mit problematischem Verhalten, die wiederholt Grossvieh oder geschützte Nutztiere angreifen, seien gerechtfertigt und nach der geltenden Jagdordnung auch rechtens. Pro Natura sei der Auffassung, dass es für eine möglichst konfliktfreie Koexistenz mit dem Wolf in der Schweiz eine Grundakzeptanz gegenüber Wölfen geben müsse, einzelne Wölfe mit einem problematischen Verhalten jedoch reguliert werden dürfen.
Mit der Anpassung der Jagdverordnung im Juli 2021 ist die Schadenschwelle klar definiert, ab welcher Wolfsrudel reguliert oder Einzelwölfe erlegt werden können. Die Schwelle ist von 15 auf 10 Nutztiere respektive 2 Stück Grossvieh gesenkt worden. Neu dürfen zudem innerhalb eines Rudels schadenstiftende Leittiere erlegt werden. Der Ständerat will nun sogar noch einen Schritt weitergehen und die proaktive Regulierung von Wolfsbeständen ermöglichen. Die Teilrevision der Jagdverordnung kommt demnächst ins Parlament.
«Der Herdenschutz ist die einzige praktikable Massnahme, um langfristig das notwendige Zusammenleben zwischen dem Wolf und dem Menschen auf unseren Alpen zu gewährleisten.»
Der Waadtländer Staatsrat Vassilis Venizelos muss für seinen Wolfsabschussentscheid nun von seiner eigenen Partei Kritik einstecken. Die Grünen fordern, dass der Kanton seine Unterstützung zugunsten von Herdenschutzmassnahmen beschleunigt. Der Herdenschutz sei die «einzige praktikable Massnahme, um langfristig das notwendige Zusammenleben zwischen dem Wolf und dem Menschen auf unseren Alpen zu gewährleisten», halten die Waadtländer Grünen fest. Gerade in der Waadt sind Wolfsabschüsse ein viel diskutiertes Thema. 200 Freiwillige haben sich in diesem Sommer mit Pfeifen, Hörnern und Lichtern ausgerüstet und übernachten auf Alpweiden. Sie wollen die Tierherden vor Wolfsangriffen schützen. Oder die Wölfe vor ihrem Naturell.
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