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Meinung

Rimoldi und die Bürgerlichen
Im Lotterbett mit einem Abgedrifteten

Provokation als Lebensprinzip: Nicolas Rimoldi, Präsident der Gruppierung Mass-voll (hier bei der Überreichung der Unterschriften gegen das Covid-Gesetz an die Bundeskanzlei im März). 
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Die Covid-Pandemie wirkt auf vielerlei Ebenen nach. Eine der Langzeitfolgen heisst Nicolas Alexander Rimoldi. Der extravagante Kritiker der Corona-Massnahmen sucht seit dem Ende des Pandemieregimes nach neuen Spielwiesen – und wird nun offenbar im Umfeld von Rechtsextremen fündig. Am Wochenende nahm Rimoldi in Wien an einer Anti-Ausländer-Demo der berüchtigten Identitären Bewegung (IB) teil und posierte für ein Selfie mit IB-Vorzeigefigur Martin Sellner. Diesen Auftritt flankierte er mit Textnachrichten im Internet, in denen er «Remigration» propagiert und vor einem «Angriff globaler Eliten» auf «Identität», «Tradition» und «Kultur» warnt. Die IB-Verschwörungstheorie vom «Grossen Austausch», wonach (jüdische) «Globalisten» die weisse europäische Bevölkerung durch afrikanische Migranten ersetzen wollen, klingt hier unüberhörbar an. Quasi als Provokation am Rande verbreitete Rimoldi auf der Heimfahrt von Wien noch eine Aufnahme aus Braunau am Inn, dem Geburtsort Adolf Hitlers (wovon er nichts gewusst haben will, wie er später angab). 

Rimoldi bringt mit seinen Umtrieben das bürgerliche Establishment in eine peinliche Lage. Im Herbst plant er mit seiner Gruppierung Mass-voll den Einzug in den Nationalrat – und in mindestens einem Kanton, nämlich Solothurn, ist es ihm gelungen, mit der SVP eine Listenverbindung einzufädeln. In Luzern könnte er diesen Coup bald wiederholen. Rimoldis Flirts mit dem transnationalen Rechtsextremismus sind gewissen SVP-Funktionären offenbar nicht Argument genug, auf Abstand zu bleiben. Das ist bedenklich – doch wird vor allem auch die FDP kritisiert, weil sie ihrerseits in verschiedenen Kantonen (allerdings nicht in Solothurn und Luzern) mit der SVP paktiert.

Rimoldi bringt mit seinen Umtrieben das bürgerliche Establishment in eine peinliche Lage.

Nun geht es klar zu weit, die FDP deswegen in die Nähe von Rechtsradikalen zu rücken, wie das eine linke Kampagnenorganisation vor ein paar Tagen getan hat. Der Wunsch der Freisinnigen nach bürgerlichen Listenpartnern ist nachvollziehbar und legitim; selbstverständlich müssen ihnen auch Allianzen im rechtskonservativen Lager offenstehen. Den Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei der «Partnersuche» freilich bekommen sie in diesem Fall nicht so leicht abgestreift.

Listenverbindungen sind schon per se eine problematische Einrichtung. Gegenüber den Wählenden sind sie zu wenig transparent ausgewiesen, und sie verunmöglichen im Grunde eine unverfälschte Willensbekundung. Zu ihren Gunsten lässt sich allenfalls einwenden, dass sie die Chancen kleiner Parteien etwas verbessern. Umso wichtiger ist, dass die Entscheidungsträger davon verantwortungsvollen Gebrauch machen. Die FDP hat es leider verpasst, der SVP klare Bedingungen zu stellen. Jede Zusammenarbeit mit Kräften, die demokratiefeindlichen, antisemitischen Milieus nahestehen, hätte von vornherein ausgeschlossen werden sollen. Dass sich die Mass-voll-Erratiker über kurz oder lang diesen Milieus annähern würden, war absehbar.

Vor seinem Abdriften nach rechts war Rimoldi ein vergleichsweise unauffälliger Jungfreisinniger. Jetzt findet sich die FDP plötzlich indirekt im Lotterbett mit dem Abtrünnigen wieder. Und muss zusehen, wie sie da rauskommt.