AboKommentar zum Trendgefühl «Unwohlsein» Ich bin viel sensibler als du!
Fakten werden in Debatten immer unwichtiger – Gefühle entscheiden. Wer mit ihnen argumentiert, gibt sich rücksichtsvoll. Tatsächlich steckt hinter dem Siegeszug der Gschpürschmi-Rhetorik eine neue Intoleranz.

Als in Bern und letzte Woche in Zürich weisse Musiker mit Rastas ausgeladen wurden, lautete die Begründung beide Male gleich: «Mitmenschen haben sich unwohl gefühlt.» Wer genau sich unwohl fühlte, blieb unklar. Und noch unklarer blieb, was das «Unwohlsein» genau bedeutete und was es überhaupt verursachte: In Bern fiel der Begriff der «kulturellen Aneignung», in Zürich hiess es etwas umständlich, «eine generelle Haltung zur kulturellen Aneignung» habe man nicht, die müsse erst diskutiert werden.