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Proteste gegen Putschisten
Hunderttausende Streikende legen Burma lahm

Verweigern die Arbeit: Protest der Ärzte in der Stadt Yangon. 
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Demonstranten in Burma haben sich zum bisher grössten Generalstreik versammelt, nachdem sich das Militär am 1. Februar zurück an die Macht geputscht und seitdem versucht hatte, Volk und Informationsfluss in den Griff zu bekommen. Die Demonstranten allerdings sind gut darin, Botschaften ins Ausland zu senden. Sie protestieren nicht nur flächendeckend in Burma und sorgen dafür, dass die Bilder davon um die Welt gehen. Auch in anderen Ländern bauten sie sich vor Botschaften und Vertretungen der Vereinten Nationen auf. Am Montag, dem 22.2.2021, sollte die Zahlenfolge mit den fünf Zweien an die 8888-Revolten am 8.8.1988 erinnern, als in Burma schon einmal Proteste blutig niedergeschlagen wurden. Die Machthaber hatten auch am Sonntag davor gewarnt «dass Protestierer den Verlust ihres Lebens erleiden könnten».

Die Proteste verliefen jedoch glimpflich, obwohl Hunderttausende auf den Strassen waren, nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land. Sogar in Mandalay, wo die Polizei am Samstag bei Protesten noch mit scharfer Munition auf die Menschen geschossen und mindestens zwei getötet hatte, gingen sie am Montag wieder zu Zehntausenden los. In der Hauptstadt Naypyidaw waren Szenen zu sehen, in denen Polizisten die Demonstrierenden auseinandertrieben und in die Büsche zogen, Handgemenge und Prügeleien provozieren wollten, um dann umso härter zuschlagen zu können. Doch die Protestierer blieben diszipliniert, friedlich. In Yangon waren die Strassen zu einigen internationalen Botschaften gesperrt, damit dort nicht wieder Protestnoten angebracht werden konnten. Die Demonstranten wollen den Druck auf das Militär aufrechterhalten.

Die Solidarität unter den Protestierenden ist riesig

Dieser Druck allerdings kommt nur zu kleinen Teilen durch Beobachtung von aussen – solange China die Militärjunta stützt, ist wohl relativ egal, was man im Ausland dazu sagt. Doch durch den Generalstreik wird das ohnehin schon relativ arme asiatische Land von der eigenen Bevölkerung in eine Krise gestürzt. Die Logik dahinter: Da sich ohnehin nur die militärischen Machthaber an der Wirtschaft bereichern und beim Volk wenig ankommt, lässt man die Generäle auf diese Weise verdursten.

Jeden Tag schliessen sich mehr Berufsgruppen der Verweigerungsbewegung an, die statt einer direkten Konfrontation mit dem Militär den Alltag lahmzulegen versucht. Die Banken sind grösstenteils geschlossen, Regierungsärzte verweigern die Arbeit, Ingenieure auch, Bauprojekte liegen brach. Grab, der grösste Lieferservice, der E-Commerce-Plattform und Transportunternehmen ist, stellte den Lieferbetrieb ein, liess aber die Taxis weiterlaufen.

Bei den Streiks wurde immer wieder das Lied «Kabar Ma Kyay Bu» gesungen, dass die Burmesen an die Revolte von 1988 erinnert. Die Solidarität unter den Protestierenden ist riesig, in der Hitze wurde Wasser verteilt, auch für Nahrung war auf vielen Protestveranstaltungen gesorgt worden. Sogar wer selbst kaum etwas hat, machte mit. Auf Bildern aus Yangon sieht man Bettler, die das Essen, das sie erbettelt haben, an Demonstrierende verteilen.

Mit scharfer Munition auf die Menschen geschossen: Ein Soldat in der Stadt Sittwe.

Doch wer länger ohne Wasser durch die Wüste kommt, die Armee oder das Volk, das wird sich erst in den kommenden Tagen und Wochen zeigen. Die USA, Kanada und Grossbritannien haben Sanktionen gegen die Anführer des Militärcoups beschlossen, die EU geht eher zaghaft vor.

«Lassen Sie die Gefangenen frei»

Facebook sperrte am Sonntag eine Militärseite, auf der Falschmeldungen verbreitet worden waren. Facebook ist das bevorzugte soziale Netzwerk im Land, auch wenn Zweifel an der Sicherheit des Messengers aufgekommen waren, mit dem viele Burmesen Nachrichten austauschen. UNO-Generalsekretär António Guterres versuchte zumindest rhetorisch noch mal aufzurüsten: «Ich rufe das Militär in Burma dazu auf, die Unterdrückung umgehend einzustellen. Lassen Sie die Gefangenen frei, stoppen Sie die Gewalt, respektieren Sie die Menschenrechte und den Willen des Volkes in der vergangenen Wahl.»

Immerhin scheint sich die Gemeinschaft der Asean-Staaten, zu denen Burma gehört, sowie dessen Nachbarn Laos und Thailand, nun auch darauf zu verständigen, die Vorgänge kritisch zu beobachten. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am Montagabend, dass Indonesien, das zweitgrösste Land der Region nach China und Sitz der Asean-Gemeinschaft, die Nachbarn dazu drängen möchte, die Militärjunta zumindest auf die freien Wahlen festzunageln, die den Burmesen versprochen wurden. Das Problem daran: Im November 2020 war erst frei gewählt worden, das Ergebnis hatte den Generälen nur nicht gepasst.