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Nach Urteil im Fall Elsässerstrasse
Hunderte demonstrieren vor dem Basler Appellations­gericht

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Mehrere Hundert Personen sind am Sonntagnachmittag vor dem Basler Appellationsgericht erschienen, um zu demonstrieren. Hintergrund ist ein Urteil in einem Basler Vergewaltigungsfall. Die Tat geschah am 1. Februar 2020 an der Elsässerstrasse: Ein Mann vergewaltigte zusammen mit einem Minderjährigen, welcher sich bald vor Gericht verantworten muss, eine damals 33-jährige Frau.

Das Gericht hat das Strafmass gegen den Vergewaltiger Ende Juli in zweiter Instanz reduziert. Argumentiert wurde unter anderem mit der kurzen Dauer des Übergriffs – dieser dauerte 11 Minuten. Und damit, dass das Opfer «mit dem Feuer gespielt» habe, weil sie am gleichen Abend mit einem anderen Mann intim geworden sei. Durch diesen Gerichtsentscheid ist der 33-jährige Täter bald wieder auf freiem Fuss. Dass das Gericht dem Opfer gewissermassen eine Mitschuld gab, sorgte landesweit für Empörung.

Unter anderem hat der Feministische Streik Basel national zur Kundgebung aufgerufen. Initiiert wurde diese von der Aktivistin Nihal Madad. Sie habe auf Instagram einen Post veröffentlicht und eine Gruppe von circa 50 Leuten erwartet, sagt Madad gegenüber dieser Zeitung. Mittlerweile seien Amnesty International Schweiz, der Frauenstreik Basel und Zürich und diverse weitere Organisationen mit an Bord.

Ihr persönliches Hauptziel sei es, der Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein sei – dass es viele Leute gebe, die das Urteil nicht in Ordnung fänden. «Ich kann mir vorstellen, dass es ihr nach dem Gerichtsbeschluss noch viel schlechter geht als ohnehin schon. Ihr wurde Schlimmes angetan und sie hat sich darauf verlassen, dass das Gericht ihr Gerechtigkeit verschafft. Nun hat ihr das Basler Gericht eine weitere Ohrfeige verpasst, indem es ihr eine Mitschuld attestiert hat.»

Es wurde still an der Bäumleingasse. Elf Minuten Lang.

Nach dem Aufmarsch um 14 Uhr standen diverse Einlagen und Reden auf dem Programm. Eröffnet wurde die Versammlung durch eine Ansprache der eben genannten Veranstalterin – sie adressierte dabei das Opfer direkt als «Liebe Schwester», kritisierte das Richter-Team und dankte allen Erschienenen. Dann folgte eine Performance von Lastesis Intervention aus Bern, und schliesslich wurden die Anwesenden dazu aufgefordert, ihre Arme gekreuzt über den Kopf zu halten: elf Minuten lang. Die Bäumleingasse wurde gespenstisch still, während die Demonstrantinnen und Demonstranten versuchten, die Dauer durchzuhalten, ohne die schmerzenden Arme zu senken.

Danach ergriff die Basler Influencerin Morena Diaz das Mikrofon und berichtete von ihrem eigenen Martyrium durch und nach einer Vergewaltigung. Die hochschwangere Diaz wünscht sich ein Umdenken in Gesellschaft und Justiz – spätestens für ihr ungeborenes Kind. Anschliessend kam am «Open Mic» jede Freiwillige zu Wort: Diese berichteten von ihren eigenen Erfahrungen und ihrer Wut auf das patriarchale System.

«Wir fordern den sofortigen Rücktritt der Gerichtspräsidentin Liselotte Henz.»

Vicky vom Feministischen Streik Basel

Die Gruppe Feministischer Streik Basel formuliert an der Demonstration die folgenden drei Forderungen – die online nachgelesen werden können: «Wir fordern eine selbstkritische Aufarbeitung dieses frauenfeindlichen und moralisch aufgeladenen Urteils am Basler Appellationsgericht. Wir fordern vom Appellationsgericht eine sofortige Aufgleisung einer Schulung mit entsprechenden Expert*innen über die psychosozialen und gesellschaftspolitischen Aspekte sexualisierter Gewalt. Zudem fordern wir den sofortigen Rücktritt von Gerichtspräsidentin Liselotte Henz.» Daraufhin jubelte das Publikum laut und anhaltend.

Korrektur: Beim zweiten Täter handelt es sich nicht um einen Unbekannten, wie es in einer früheren Version des Artikels hiess, sondern einen Minderjährigen, der sich bald vor Gericht verantworten muss.