Mit der zweiten Welle kommen die AbsagenHotels und Beizen am Zürichsee kämpfen ums nackte Überleben
Das Hotel Du Lac in Wädenswil und das Restaurant Keywest in Oberrieden kapitulieren vor Corona. Rund um den Zürichsee steigt die Sorge, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist.
«Jetzt wird es richtig dramatisch», sagt Gastro-Zürich-Verbandspräsident Ernst Bachmann mit Blick auf die Restaurants am linken und rechten Ufer des Zürichsees. Die zweite Welle der Corona-Pandemie in der Schweiz und die damit verbundenen Massnahmen machen den Wirten das Leben schwer. «Gerade wurde eine Reservation für acht Personen am Mittag storniert, davor sagte eine Person ab, die einen Tisch für zwei reserviert hat», sagt Bachmann, der selber ein Restaurant in Wollishofen betreibt. Dies passiere ständig im Moment. Die Leute seien verunsichert oder würden wieder vermehrt ins Homeoffice wechseln.
Ernst Bachmann kann die Absagen momentan noch stemmen. «Ich habe ein Restaurant, dass bislang gut lief», sagt er. «Aber was passiert mit Betrieben, die schon vor der Corona-Krise mit den Umsätzen kämpfen mussten?» Tatsache ist, dass die Gastrobranche von der zweiten Welle stärker betroffen ist als im Frühling. «Damals hatten wir die Aussicht auf den Sommer. Wir konnten die Gäste draussen bewirten. Nun kommt der Winter, was die Perspektive bis im März schwierig macht», sagt Bachmann. Dazu kommen die Absagen. «Jahresschlussessen, Weihnachtsessen, alles wird abgeblasen.» Die Gastrobetriebe rund um den Zürichsee seien dabei alle gleichermassen betroffen.
Kleine Erholung im Sommer
Dass es für die Gastronomie wirklich um das nackte Überleben geht, zeigt die Meldung von Holenstein Gastro, die ihre 15 Restaurants, Bars, Pubs und zwei Hotels in Zürich und Umgebung schliesst. Davon betroffen sind auch das Restaurant Keywest in Oberrieden und das Hotel Du Lac in Wädenswil. Die Angestellten werden in Kurzarbeit geschickt, und das Unternehmen lässt verlauten, dass man auf eine Wiedereröffnung im Frühling hoffe. Das Hotel Du Lac möchte aber schon vorher, nämlich bereits im Januar, wieder Gäste empfangen.
Die Hotels und die Beizen rund um den Zürichsee konnten sich während des Sommers einigermassen vom Lockdown im Frühling erholen. Dies bestätigen Ernst Bachmann und auch Martin von Moos, Präsident des Zürcher Hoteliervereins und Geschäftsführer des Hotels Sedartis in Thalwil sowie des Hotels Belvoir in Rüschlikon. Die Hotels hätten im Sommer von Schweizer Touristen und Besuchern aus Süddeutschland profitiert, sagt von Moos. «Natürlich konnten die Hotels damit nicht die Umsätze der Vorjahre erreichen, aber eine gewisse Erholung war spürbar.» Die Restaurants ausserhalb der Stadt Zürich wiederum hatten im Gegensatz zu den Wirten im Zentrum mehr Platz zur Verfügung gehabt, um die Gäste auch im Freien zu bedienen, sagt Bachmann.
Seit dem Beginn der zweiten Welle werden die Hotels nun genauso wie die Restaurants mit vielen Absagen konfrontiert. «Seminare finden nicht mehr statt. Die Verantwortlichen in den Firmen sind verunsichert und wollen lieber kein Risiko eingehen», sagt Martin von Moos. Was verschoben werde könne, das werde in der Regel auch verschoben. Für die Hoteliers ist das eine schwierige Situation, nicht nur aufgrund der finanziellen Ausfälle, sondern auch, weil sie Schutzkonzepte erarbeitet haben, die funktionieren und die Gäste schützen würden. «Ich glaube, es ist momentan sicherer, ein Familienfest in den Restaurants im Sedartis oder im Belvoir abzuhalten als im privaten Rahmen», sagt von Moos. Die Abstände beispielsweise seien überall gewährleistet.
Gegen die Verunsicherung in der Bevölkerung kommt dieses Argument aber anscheinend nicht an. «So bleiben wir auf hohen Fix- und Personalkosten sitzen, was die Situation sehr bedrohlich macht», sagt Martin von Moos. Es würde ihn nicht wundern, wenn in den nächsten Wochen weitere Schliessungen von Hotels rund um den Zürichsee bekannt werden.
Innovative Ideen gefragt
Den Kopf in den Sand stecken wollen die Hoteliers und die Gastrobetriebe deswegen aber nicht. «Nun sind innovative Ideen gefragt», sagt Gastro-Zürich-Präsident Ernst Bachmann. In seinem Restaurant sei es daher auch jetzt noch möglich, im Freien zu sitzen, wenn es nicht gerade regne.
So sieht es auch Madlaina Weber vom Restaurant Rössli in Stäfa. «Wir müssen uns in jedem Jahr überlegen, wie wir die Gäste in den Innenräumen optimal bewirten können – auch vor Corona war das so», sagt sie. Während der Pandemie komme nun hinzu, dass die Schutzkonzepte optimal umgesetzt würden. «So schützen wir unsere Gäste und uns.» Und so versuchen die Wirte, auch das Vertrauen bei den Besucherinnen und Besuchern zu stärken, dass mit dem Einhalten der geltenden Regeln ein Restaurantbesuch weiterhin auch ein sorgloser Anlass sein kann.
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