Ski-WM: Kombination der FrauenHoldener verdrückte in den letzten Wochen einige Tränen – nun jubelt sie wie selten
Die Schwyzerin hat eine schwierige Zeit hinter sich. Entsprechend gross sind ihre Emotionen nach dem Gewinn der Silbermedaille.
Ein Bild reicht für die ganze emotionale Bandbreite, die der Sport zu bieten hat. Im Zielraum von Méribel wartet Wendy Holdener auf die Siegeszeremonie und kriegt das Lachen nicht mehr aus dem Gesicht. Schon nach ihrer Fahrt zu Kombinationssilber hat sie die Fäuste geballt, brach der Jubel aus ihr heraus, hüpfte sie auf den Ski auf und ab.
Am anderen Ende, hinter den Absperrgittern, steht Michelle Gisin – und versteckt ihre Tränen hinter den grossen Gläsern ihrer Sonnenbrille. In die Kamera des Fernsehens hatte sie ein paar Sätze gesagt, an allen anderen Journalisten stapfte die ansonsten redefreudige Engelbergerin wortlos vorbei. Der Slalom war ihr gründlich missglückt. Statt mit einer Medaille Selbstvertrauen zu holen nach einer bisher schwierigen Saison, setzte es für die zweifache Olympiasiegerin in dieser Disziplin mit Rang 6 die nächste Enttäuschung ab.
Auch Holdener hat in den letzten Wochen immer mal wieder eine Träne verdrückt. Das erzählt die Schwyzerin, nachdem die grossen Emotionen verflogen sind. «Meine Familie und mein Freund haben gespürt, dass ich zuletzt etwas aus der Balance geraten bin, vielleicht fuhr ich zu viel Ski, hatte zu wenig Erholung. Sie wussten aber nicht recht, was sie machen sollen», sagt Holdener. «Ich versuchte nur, die Zeit mit ihnen zu geniessen und daraus wieder Energie zu gewinnen. Am Nachmittag nach dem Skifahren nahm ich mir manchmal die Freiheit, das Konditionstraining auszulassen und spazieren zu gehen. So genoss ich auch die Tage auf den Ski wieder, den Sonnenaufgang am Morgen, es passte.»
Holdener, der normalerweise kein Krafttraining zu viel ist, nahm Tempo heraus, gezielt auch vor diesem ersten Rennen der WM. «Ich habe die letzten zwei Tage keine Kondition trainiert, ich wollte wieder die Lockerheit finden, die ich zu Beginn der Saison hatte.»
Die langersehnten Siege holten sie ein
Diese führte sie zu ihrem ersten Slalomsieg Ende November in Killington – in Sestriere doppelte sie dann gleich nach. Und das nach 30 Podestfahrten im Slalom ohne Triumph. Der emotionale Rausch danach war entsprechend gross. «Es war extrem schön, aber vielleicht hat mich das jetzt eingeholt im Januar», sagt Holdener. Sie habe jüngst mit dem britischen Slalomspezialisten Dave Ryding geredet, «und der sagte mir, er hätte es nach seinem ersten Sieg am liebsten gehabt, wenn die Saison gleich vorbei gewesen wäre. Er konnte damit gar nicht umgehen.»
Für Holdener kam der Minikater erst später. Doch sie zog die richtigen Schlüsse und konnte «mit grosser Vorfreude» nach Méribel reisen. «Wieder so glücklich zu sein und mich stark zu fühlen, tat mir sehr gut. Ich sagte mir: In der Kombination habe ich eine grosse Chance, zieh es durch. Und wenn es nicht klappt, nehme ich auf jeden Fall das Selbstvertrauen mit.»
Shiffrins Trauma
Es hat geklappt. Einmal mehr für sie. Es ist Holdeners vierte Einzel-WM-Medaille. Ebenso viele hat sie an Olympischen Spielen gewonnen, insgesamt fünf in der Kombination, die mittlerweile aus dem Weltcupprogramm gefallen ist, nur noch an Grossanlässen gefahren wird und deshalb nicht unumstritten ist. Holdener ist es an diesem Tag egal. Wie der Italienerin Federica Brignone, die erstmals WM-Gold gewinnt, und Ricarda Haaser, die mit Bronze ihre erste Medaille überhaupt holt.
Dieses Podest möglich gemacht hat auch Mikaela Shiffrin, die allmählich in ein kleines Grossanlass-Trauma zu rutschen droht. Die Amerikanerin ist an diesem Montag auf Gold-Kurs – bis sie beim viertletzten Tor ausscheidet. Es ist ihr erster Ausfall überhaupt seit den Olympischen Spielen in Peking, wo sie Riesenslalom, Slalom und Kombination nicht beendete und ohne Medaille heimreiste.
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