TV-Kritik «Goodbye Deutschland»Julia kehrt zurück ins Horror-Haus
Sie wanderte mit einem Mann aus, der sich als Mörder und Hochstapler erwies. Jahre später konfrontiert sich Julia Siefert mit der eigenen Geschichte.
Was der Deutschen Julia Siefert widerfahren ist, wünscht man nicht seinem ärgsten Feind. Und doch geschieht es immer wieder. Als die heute 30-Jährige vor sechs Jahren Sven traf, dachte sie, er sei ihr Mann fürs Leben. Stattdessen wurde er zum Albtraum ihres Lebens. Niemand stellt sich so etwas im Moment des Verliebens vor, und genau das nutzen Menschen wie Sven aus.
Siefert zog damals mit ihm und ihren Schlittenhunden in ein einsames Haus in Lappland. Romantisch verschneit zeigte sich die Landschaft, neugierig und gespannt war das Paar darauf, hier ein neues Leben zu starten. Neun Monate waren sie da zusammen.
Voller Zuversicht und begleitet von den Fernsehkameras der Sendung «Goodbye Deutschland», betraten die beiden damals das Haus. Julias Begeisterung verwandelte sich jedoch schnell in Entsetzen, als sich herausstellte, dass der Mann an ihrer Seite nicht der war, als der er sich ausgab. Vielmehr hatte er Leichen im Keller. Im wörtlichen Sinn.
Aus dem Traummann wird ein Albtraummann
Was Siefert erlebt hat, ist heute fast schon ein eigenes Genre: Psychopathen und Hochstapler, die in der Dating-Welt nach Opfern für ihre finsteren Pläne suchen: Bekannt ist etwa die Netflix-Serie «Tinder Swindler», oder «You».
Siefert bemerkte an Sven bald eine unbeherrschte, gewalttätige Seite. Über viele Dinge schien er zudem nicht die Wahrheit gesagt zu haben. So war er schon dreimal verheiratet, hatte vier Kinder, war ein Betrüger und ein Dieb. Später stellte sich heraus, dass der vermeintliche Mr. Right sogar seine Mutter getötet und im Blumenbeet einbetoniert hatte. Die Tatwaffe fand sich später im Traumhaus in Lappland. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion und mithilfe ihres Vaters war Julia damals geflüchtet. Später drehte TV Now einen Mehrteiler mit dem Titel «Der Alptraum-Mann» über den Fall.
Siefert vertraut auf ihr Bauchgefühl
Diese Woche war zu sehen, wie Siefert in das seither verlassene Haus zurückkehrte – begleitet vom Kamerateam von «Goodbye Deutschland», das das psychologische Drama eines solchen Schritts minutiös festhält. Denn zwar sitzt Sven seit 2019 im Gefängnis, dennoch weiss Julia, dass er bereits versucht hat, ihre neue Wohnadresse ausfindig zu machen. Zudem ist das Haus voller Erinnerungen sehr unerfreulicher Natur. Aber Siefert steht heute an einem anderen Punkt. «Heute vertraue ich auf mein Bauchgefühl. Das habe ich damals nicht getan», sagt sie.
Die Folgen waren verheerend. «Ich hatte eine komplette Identitätskrise, ich wusste nicht mehr, wer ich war», beschreibt Julia ihre damalige Gemütslage. Erstaunlich ist das nicht, hinterlassen doch solche Hochstapler meistens zerbrochene Psychen. Bemerkenswert ist hingegen, wie Julia sich aus ihrem Loch herausgekämpft hat. Und dass sie die Kraft findet, sich damit zu konfrontieren, und zwar vor den Augen der TV-Zuschauer. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch jenen von Sven. Immer wieder redet Julia sich gut zu, den Schritt zu wagen. Sie muss abschliessen.
Heute, so erfahren wir, ist Julia wieder verliebt und bereit für ein neues Leben. In Schweden. Das ist nicht selbstverständlich und hat auch viel Therapie erfordert. Zum Schluss hat sie es geschafft, das Haus findet zu ihrer grossen Freude einen Käufer. «Das war die letzte Verbindung!», jubelt sie. Ganz zum Schluss verbrennt sie noch die Schuhe, die sie trug, als sie Sven kennen lernte. Sowie jene DVD. Nachdem sie vor ihm geflohen war, hatte er all ihre persönlichen Sachen verbrannt. Nur im Haus fand sie als letzten Gegenstand die DVD. Titel: «PS, ich liebe dich».
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