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Erstes offizielles Treffen mit Westen
Gespräche mit Taliban-Delegation in Oslo begonnen

Kein Land hat die neue Regierung bisher anerkannt: Der afghanische Aussenminister Amir Khan Muttaqi (Mitte) posiert mit seiner Delegation vor dem Abflug nach Oslo auf dem Flughafen in Kabul.
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Am Samstagabend ist eine Delegation der Taliban unter Führung des Taliban-Aussenministers Amir Khan Muttaqi aus Afghanistan zu einem überraschend angesetzten Besuch in Norwegens Hauptstadt Oslo eingetroffen. Die Taliban sollen in Oslo bis Dienstag Gespräche mit westlichen Diplomaten und Vertretern der afghanischen Zivilgesellschaft führen. Es ist das erste Mal seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul am 15. August letzten Jahres, dass eine Taliban-Delegation offiziell ein westliches Land besucht.

Eingeladen hatte das Nato-Mitglied Norwegen. Aussenministerin Anniken Huitfeldt sagte in einer Presseerklärung, die Einladung sei nicht als Anerkennung des Taliban-Regimes zu verstehen. Es müsse aber ein Gespräch geben mit den Kräften, die Afghanistan praktisch beherrschten: «Wir dürfen nicht zulassen, dass die politische Situation zu einer noch schlimmeren humanitären Katastrophe führt.»

Für den Sonntag hatten die norwegischen Gastgeber Gespräche organisiert mit Vertretern der afghanischen Zivilgesellschaft. Wie die Zeitung «Aftenposten» berichtet, hatte Norwegen dazu ausdrücklich auch Frauen geladen. Später soll es Gespräche geben mit Abgesandten westlicher Länder, darunter Diplomaten aus den USA, aus Grossbritannien und auch Deutschland.

Mit Schattenmännern lässt sich schlecht regieren

Dass die Taliban die Anerkennung der Weltgemeinschaft suchen, war vor wenigen Tagen schon sichtbar geworden, da hatten sie zu einer «Internationalen Wirtschaftskonferenz» geladen. Ein weissbärtiger Mann mit einem strahlend weissen Turban sass der Konferenz im Kabuler Präsidentenpalast vor: Mullah Mohammad Hassan Akhund, Premierminister des «Islamischen Emirats Afghanistan». Akhund appellierte an die versammelten Vertreter der Weltgemeinschaft: «Die Hilfe, um die wir bitten, ist nicht für uns Regierungsvertreter. Sie soll der verarmten Nation dienen.»

Akhunds Teilnahme an der eintägigen Wirtschaftskonferenz war der erste öffentliche Auftritt des Taliban-Regierungschefs überhaupt seit seiner Ernennung im letzten Herbst. Die Tagung war das erste internationale Treffen, bei dem die neuen Machthaber öffentlich das Gespräch mit Vertretern der internationalen Gemeinschaft suchten. So sassen im Palast Vertreter der UNO, Diplomaten und Experten der Hilfsorganisationen gemeinsam mit Taliban-Verantwortlichen an einem Tisch.

Erster öffentlicher Auftritt: Mullah Mohammad Hassan Akhund, Premierminister des «Islamischen Emirats Afghanistan».

EU baut wieder «minimale Präsenz» in Kabul auf

Die Islamisten scheinen zu begreifen, dass sich mit Schattenmännern schlecht regieren lässt. Um die Führer anderer Staaten zur Hilfe für ihr «Islamisches Emirat» zu bewegen, müssen die politisch Verantwortlichen in Erscheinung treten, müssen sie mit ihren ausländischen Amtskollegen über Wirtschafts- und Aufbauhilfe oder sonstige Zusammenarbeit verhandeln: Zum Beispiel über eine internationale Anerkennung der Taliban- Regierung, die in weiter Ferne liegt.

Wobei sich etwas bewegt für die von der Welt ungeliebten Islamisten: Die Europäische Union (EU) wird demnächst wieder mit einer «minimalen Präsenz» in Kabul vor Ort sein. So wollen die Europäer die humanitäre Hilfe im Land erleichtern – die EU betont jedoch, dass dies mit internationaler Anerkennung der Taliban nichts zu tun habe.

Viele neue Politvertreter auf Terror- und Fahndungslisten

Premier Akhunds Teilnahme an der Wirtschaftskonferenz jedenfalls ist eine Wendemarke. Bisher hatte sich Akhund nie öffentlich gezeigt, es gab lediglich eine kurze Audioansprache von ihm. Ähnliches gilt für viele seiner Minister. Kurz nach der Machtübernahme am 15. August 2021 hatten die Islamisten ein kommissarisches Kabinett vorgestellt, die eigentliche Regierung folgte wenige Wochen später. Während politisch meist unerfahrene Taliban-Führungsfiguren die Ministerposten übernahmen, wurden ihnen als Stellvertreter Technokraten an die Seite gestellt. Interviews gaben die Taliban-Minister den internationalen Medien ungern und selten, meist traten ihre Vizes an.

Doch selbst wenn einige der Taliban-Minister nun zu Gesichtern mit politischem Wiedererkennungswert werden sollten: Manche der politisch Verantwortlichen werden sich auf internationalem Parkett kaum bewegen können. Sie stehen als Extremisten auf Terror- und Fahndungslisten. Mit Sarajuddin Haqqani ist ein Mann Innenminister, der als Chef des Haqqani-Terrornetzwerks bis heute in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung tritt und der bei seinen seltenen Auftritten sein Gesicht mit einem Umhang verhüllt: Auf Haqqani ist ein Kopfgeld ausgesetzt, neue Fotos gibt es kaum, und wenn, verpixelt. Dabei bei den Gesprächen in Norwegen ist der Zeitung «Aftenposten» zufolge nun der Bruder des Innenministers: Anas Haqqani.