Berset-Ringier-AffäreDie GPK nimmt den gesamten Bundesrat unter die Lupe
Die parlamentarische Oberaufsicht überlässt das Feld der Untersuchungen nicht alleine der Justiz. Sie beschliesst eine politische Aufarbeitung der Corona-Lecks.
Was steckt hinter den Medienberichten über systematische Indiskretionen aus dem Innendepartement von Bundesrat Alain Berset? Wusste Berset Bescheid darüber, was sein Ex-Informationschef Peter Lauener dem Chef des Ringier-Verlags während der Corona-Zeit an Bundesrats-Interna alles verriet? Dies will eine kleine Arbeitsgruppe der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat vertieft untersuchen.
Einstimmig und damit über alle Parteien hinweg beschlossen die Kommissionsmitglieder beider Räte, drei Mitglieder des Nationalrats und drei Mitglieder des Ständerats mit diesen vertieften Abklärungen zu beauftragen.
Die Frage, bis wann Resultate der politischen Untersuchung vorliegen werden, bleibt dabei ebenso offen wie die genaue Vorgehensweise der Arbeitsgruppe. Klar ist einzig, dass die Untersuchungen der GPK-Arbeitsgruppe parallel zu den laufenden Justizverfahren, die sich ebenfalls um die Affäre drehen, stattfinden werden.
Die Präsidentin der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission Prisca Birrer-Heimo (SP) sagte zum angeschlagenen Tempo, «der Wille, vorwärtszumachen» sei da. Es gelte allerdings, die Qualität der Abklärungen höher zu gewichten als einen raschen, fixen Termin für die Veröffentlichung des Abschlussberichtes. Und Matthias Michel (FDP) meinte als Präsident der ständerätlichen GPK, die rasche Einsetzung der sechsköpfigen Arbeitsgruppe zeige, dass man zügig vorwärtsmachen wolle.
Eine Bestrafung Bersets steht nicht im Fokus
In der Sache wollen die Parlamentsmitglieder aktuelle und ehemalige Angestellte der Bundesverwaltung sowie Bundesratsmitglieder befragen sowie E-Mails und Unterlagen prüfen, soweit diese auf Servern der Bundesverwaltung gespeichert sind. Grenzen gesetzt sind der parlamentarischen Oberaufsicht bei der Einsicht von Chatnachrichten und E-Mails auf privaten Handys und Computern. Ob auch Medienschaffende befragt werden sollen, müsse die Arbeitsgruppe erst noch festlegen, sagte Birrer-Heimo. Als Erstes will die Arbeitsgruppe nun einen Fragenkatalog zusammenstellen und festlegen, wie sie vorgeht.
Dass Schnittstellen zwischen der politischen Aufklärung durch die GPK und den Ermittlungen der Justiz bestehen, ist für Michel klar. Zur Abgrenzung sagte er: «Wir untersuchen unabhängig von der Justiz mit unserem Mandat der parlamentarischen Oberaufsicht.»
Es gehe nicht um die Bestrafung eines Individuums, sagte Michel, womit er den Namen von Innenminister Alain Berset vermied. Es gehe vielmehr um einen «Gesamtblick» auf das Tun von Bundesrat und Verwaltung während der Corona-Krise.
Analysieren will die GPK auch Bundesratsprotokolle. Dazu will sie die Geschäftsprüfungsdelegation beiziehen. Nur dieser Spezialabteilung der GPK ist die Begutachtung solcher Geheimunterlagen des Bundesrats erlaubt.
Keine parlamentarische Untersuchungskommission
Für Alain Berset freilich geht es bereits am Mittwoch weiter: Anzunehmen ist, dass die Affäre in der ordentlichen Sitzung des Gesamtbundesrates zur Sprache kommen wird. Am Abend steht zudem ein Auftritt Bersets in der Politsendung «Infrarouge» des Westschweizer Fernsehens RTS an, wo er mit kritischen Fragen konfrontiert werden dürfte.
Eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK), das stärkste Ermittlungsmittel des Parlaments, ist damit kein Thema. Eine solche müssten National- und Ständerat separat beschliessen, sagte Birrer-Heimo. Bis eine PUK Resultate vorlegen könnte, würde es länger dauern, als dies mit der beschlossenen Vorgehensweise der Fall sei.
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