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Nachruf auf Hollywoodlegende
Tod eines grimmigen Komödianten: Gene Hackman stirbt unter mysteriösen Umständen

Ein Mann in einem karierten Sakko und einem Hawaiihemd steht neben einem Boot im Hafen.
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Es ist so lange her, fast hat man vergessen, dass es ihn noch gab. Man hat einfach nicht mehr an ihn gedacht. Aber jetzt, da er nicht mehr lebt, ist das Erste, was einem in den Sinn kommt, diese leicht entzündliche Wut, die viele seiner Figuren in sich trugen und die sich dann kaltherzig und brutal äusserte oder sogar sadistisch.

Keine freundlichen Züge. Und dabei hat der Schauspieler Gene Hackman, der gestern zusammen mit seiner Frau Betsy Arakawa tot aufgefunden wurde, beileibe auch viel anderes gespielt im Lauf seiner Filmkarriere: Männer mit Talent zur Empfindsamkeit und zur Zuwendung, grimmig, das vielleicht schon, aber mit dem Mut der Anständigen und jenem berührbaren Kern Sensibilität, die einem einen Charakter angenehm machen. In «The Conversation» aus dem Jahr 1974 war das so, Francis Ford Coppolas Geschichte vom Überwacher, der zum Überwachten wird. In «The Poseidon Adventure», dem Film, den man später «‹Titanic› der Siebzigerjahre» nannte. Auch in «Loose Cannons», 1990, einer Actionkomödie an der Grenze zum Abstrusen, in der ein an Leib und Seele gesunder Hackman auf Dan Ackroyd traf, der sich für Captain Kirk hielt.

Filmszene aus "Enemy of the State" mit Gene Hackman, der ein Telefon hält.

Aber er konnte einem eben schon den Atem nehmen, wenn er charakterlich unangenehm wurde. Noch besser als den Ausdruck von Friedfertigkeit beherrschte er die hohe Kunst der schneidenden Brutalität, der aalglatten Grausamkeit und des kalten Wütens. Er hat sie sehr kontrolliert ausgeübt in Clint Eastwoods hoffnungslosem Western «Unforgiven» (1992) als Antagonist eines geläuterten Helden. Da spielte er nicht nur einen, der auf fremde Leben pfiff, sondern auch die lebensgefährliche und eigentlich suizidäre Zwangsneurose dahinter. Dafür erhielt er den Oscar als bester Nebendarsteller. 

Gut gelaunt, sozusagen mit komödiantischem Unterton beim unausweichlichen Ins-Gras-Beissen, variierte er die Rolle als Killer und Organisator des Killens in «The Quick and the Dead». Man möchte diesen Film weiss Gott nicht zu hoch hängen, aber Hackman zeigte dort doch ein paar feine parodistische Gaben. In «Absolute Power» dann (1997, unter Eastwoods Regie, die beiden in ihrer Kantigkeit konnten gut miteinander) wars wieder eine seriöse Übung in Seelenschwärze, ein amerikanischer Präsident, der mordete im Schutz seiner Macht. Und hatte nicht schon, lang vorher, in «The French Connection» Hackmans Detective Jimmy «Popeye» Doyle, der Drogenfahnder mit dem einfältigen Hütchen, auffällige tobsüchtige Neigungen?

Gene Hackman und Betsy Arakawa bei den 60. Golden Globe Awards, Beverly Hills, 2003.

Damals übrigens, 1972, gewann er seinen ersten Oscar, den für den besten Hauptdarsteller. Liza Minnelli überreichte ihn, und bei der Dankesrede war Gene Hackman von einer geradezu bebenden Schüchternheit. 42 war er bei diesem Stand von definitiver Berühmtheit, ein Spätzünder. Kein einfacher Schauspieler für Regisseure, sagte er von sich selbst, ein wenig aufsässiger Grimm steckte eben wohl auch in Hackman, nicht nur in seinen Figuren.

Aber die wilde Jugend, in der er ab und zu in Bars eine energiespendende Schlägerei provoziert hatte, war abgetan, im Leben sei er insgesamt freundlich gewesen, wie berichtet wird (mit ein zwei Ausrutschern, denn er soll ein ungeduldiger Autofahrer gewesen sein), und das Theater des Showbusiness hat er nicht sehr geliebt.

Er war ein demütiger Handwerker der Interpretation. Ein Bewunderer gut geschriebener Dramatik, der er dienen wollte. Natürlich wusste er, was er konnte, und wenn Klappern zum Handwerk gehörte, klapperte er. Die künstlerische Selbstanalyse jedoch war nicht seine Sache. Auf CNN, bei Larry King, dem Mann mit den Hosenträgern, deutete er einmal an, er habe die fertigen Produkte seiner Kunst nie so geliebt wie ihre Herstellung. Das war 2004, in einem der seltenen ausführlichen Interviews von Gene Hackman, und selbst King, der sie ja alle knackte, hatte die grösste Mühe, aus diesem sanften, wortkargen Mann etwas Ausführlichkeit zu kitzeln.

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Das bisschen sentimentale Nostalgie zum Beispiel, mit der Hackman von seinen Jugendidolen James Cagney, Errol Flynn oder Edward G. Robinson sprach, oder von seiner frühen Liebe zur Komödie, die er auf New Yorker Kleinbühnen ausgelebt habe. Der Film hat ihm diese Liebe erst im Alter so recht erlaubt: skurril melancholisch in «The Royal Tenenbaums» (2001) von Wes Anderson, gröber in Donald Petries «Welcome to Mooseport» (2004) ganz zuletzt.

Es ist danach kein Film mehr gefolgt. Im Interview mit Larry King nahm Gene Hackman sozusagen seinen Abschied von der Schauspielerei, ohne Bitterkeit, aber «contre cœur» vermutlich. Ein wenig traurig klang es schon, als er sagte, die Anrufe blieben aus und die Angebote auch, und das seis jetzt wahrscheinlich gewesen. Andererseits war er damals bereits daran, sich neu zu erfinden: Zusammen mit dem Co-Autor Daniel Lenihan hat er seit dem Jahr 2000 einige erfolgreiche Romane veröffentlicht, in denen handfeste Helden sich durch die Fährnisse der amerikanischen Geschichte schlagen – und das passte ja auch.

Gene Hackman wurde 95 Jahre alt.