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Nichts los bei den Grasshoppers?
«Nicht jeder Spieler schreit ‹Hurra›, wenn er von GC hört»

GC-Cheftrainer Marco Schaellibaum, links und Captain Amir Abrashi, rechts, an der Medienkonferenz zum Saisonstart 2024/25 in Zuerich am Donnerstag, 18. Juli 2024. (KEYSTONE/Walter Bieri )
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Der Zustand der Grasshoppers lässt sich immer ganz gut am Zustand ihres Captains ablesen. Geht es dem Verein schlecht, leidet Amir Abrashi mit.

Im Frühling war das zuletzt so, Abrashi spricht immer von «den zweieinhalb Monaten», wenn er daran zurückdenkt. GC war fürchterlich schlecht, gewann kaum ein Spiel. In Abrashis Kopf ratterte es unaufhörlich, er schlief unruhig und war sogar für seine Frau nur noch schwierig zu erreichen.

Wie die Situation endete, ist bekannt: GC musste in die Barrage und auch dort bis zum Schluss zittern. Abrashi gab ein TV-Interview, das bei jedem Anschauen eine weitere Emotion von ihm zeigt. Stolz, Freude, Wut, maximale Erschöpfung von einer Saison, die an ihm zehrte. Er stand stellvertretend für alle, denen dieser Verein viel bedeutet.

Und vielleicht kann man es deswegen als gutes Omen sehen, wie er am Donnerstagnachmittag vor die Medien tritt. Braun gebrannt, er hatte immerhin zwölf Tage Ferien nach der EM. Und sechs Kilogramm leichter, er hat seine Ernährung umgestellt.

GC-Cheftrainer Marco Schaellibaum, links und Captain Amir Abrashi, rechts, an der Medienkonferenz zum Saisonstart 2024/25 in Zuerich am Donnerstag, 18. Juli 2024. (KEYSTONE/Walter Bieri )

Abrashi erzählt, wie einige seiner Teamkollegen bei der EM Döner ins Hotel bestellten, er aber widerstand. Er ist stolz darauf, er sei so fit wie nie, sagt der 34-Jährige. Vor allem aber ist da wieder der Schalk in seinem Gesicht. Er schien ihm in «den zweieinhalb Monaten» abhandengekommen zu sein.

Nun, sagt er, geniesse er jede Sekunde der Vorbereitung auf die neue Saison. Man wisse ja nie, wann es das letzte Mal sei. Das will er den Jungen mitgeben. Im nächsten Juni, wenn sein Vertrag ausläuft, wird er 35 sein.

Die neue Präsenz in der Stadt Zürich

Der bevorstehende Saisonstart ist auch der Grund dafür, dass Abrashi zu den Medien spricht. Die Grasshoppers haben zur Pressekonferenz geladen. Mit Abrashi sind Stephan Schwarz, der Sportchef, und Marco Schällibaum, der Trainer, da.

Der Verein hat für den Termin einen Ort mit Symbolkraft ausgewählt, er kommt in den Kreis 5, wo er einst heimisch war, weil der Hardturm dort stand. Das ist Teil einer Strategie. Statt immer alles auf dem Campus in Niederhasli weitab der Stadt abzuhalten, will GC wieder präsenter sein in Zürich.

Darum fand auch schon die Saisoneröffnung vom Mittwochabend in der Stadt statt, 400 Menschen kamen. Der Anlass ging ohne Nebengeräusche über die Bühne, was nicht selbstverständlich ist, gerade nach der Erfahrung vom letztjährigen Züri-Fäscht, als ein GC-Stand von FCZ-Anhängern angegriffen worden war.

Alles gut also bei GC? Geht es mit den Eigentümern aus den USA nun doch aufwärts?

Das wäre zu einfach. Und das wissen alle. Nichts überhöhen, keine zu grossen Erwartungen schüren, das ist die Devise. Schwarz sagt, alles über Rang 11 sei ein Schritt nach vorne. Und als das Trio danach gefragt wird, ob die Top 6 der Liga, die Meisterrunde also, für GC realistisch seien, ist weder von ihm noch von Schällibaum oder Abrashi ein Ja zu hören.

Das hat mit der Liga zu tun, die sicher nicht schlechter wurde in diesem Sommer. Und mit GC, das auf dem Transfermarkt bis jetzt so ruhig ist wie lange nicht mehr. Drei Spieler sind gekommen: Nikolas Muci, ein Schweizer U-21-Nationalspieler, Saulo Decarli, ein Tessiner Verteidiger, der lange in Deutschland spielte, und Evans Maurin, ein Ersatzspieler aus Yverdon. Dazu kam Renat Dadashov nach seiner Leihe aus der Türkei zurück.

Die Fehler der Vergangenheit

Die Vorgänger der Amerikaner, das waren die Chinesen von Fosun, haben in den letzten Jahren eindrücklich bewiesen, dass viele Verpflichtungen nicht unbedingt für eine bessere Mannschaft stehen. Über 50 Spieler hatten sie in sieben Transferfenstern geholt, einige waren gut, andere mittelmässig und viele nicht Super-League-tauglich.

Aber bloss drei Zuzüge? Bei diesem Netzwerk, auf das die Amerikaner so stolz sind? Das scheinen dann doch etwas gar wenige zu sein. «Wir haben drei vielversprechende Transfers getätigt», sagt Schwarz dazu, «der Transfermarkt hat erst begonnen, wir halten Augen und Ohren offen, um die bestmöglichen Lösungen zu finden.» Versprechungen will er keine machen.

Schwarz ist in einer ungemütlichen Lage, noch immer ist er daran, Fehler der Vergangenheit auszubügeln. Den Amerikanern ist von den Chinesen eine Einöde ohne viel fruchtbaren Boden hinterlassen worden. Auch dieses Jahr sind zahlreiche Verträge ausgelaufen, zuletzt unter anderem jener von Francis Momoh, der, so heisst es, künftig in China spielen wird.

Eine andere Baustelle ist die Nachwuchsabteilung, die die Chinesen vor allem als lästigen Kostenpunkt in der Bilanz interpretierten, entsprechend wenig wurden Talente aus dem eigenen Haus zuletzt gefördert. Und da sind ja auch noch die Verluste in Millionenhöhe jedes Jahr, 14 Millionen Franken waren es zuletzt.

Zudem steht Schwarz vor dieser Herausforderung auf dem Transfermarkt: «Aufgrund der Vergangenheit ist es nicht so, dass jeder Spieler, den man anspricht, ‹Hurra› schreit, wenn er von GC hört», sagt er. So ist das in diesem Verein, der einmal gross war, aber abgesehen von seinem grossen Namen und ein paar Tausend ganz treuen Fans nicht mehr viel hat.

Demut ist angesagt, darin ist man bei GC gut geworden. Aber es wäre auch vermessen, zwei Tage vor dem Saisonstart gegen Lugano, ein Topteam der Liga, etwas anderes verlauten zu lassen.