Leben im KriegsgebietIm Norden von Gaza gibt es kein sauberes Trinkwasser mehr
Die humanitäre Lage ist laut UNO dramatisch. Hunderttausende Menschen sind nach vier Monaten Krieg ohne Obdach, ihnen fehlen Zelte, Lebensmittel und Medikamente.
Am Montagmorgen traf es einen Hilfskonvoi der Vereinten Nationen. Das Flüchtlingshilfswerk UNRWA veröffentlichte Bilder, sie zeigen zerstörte Lastwagen, getroffen von israelischen Raketen, wie die Helfer berichten. Der Konvoi war auf dem Weg in den Norden des Gazastreifens, wo die humanitäre Lage besonders dramatisch ist, weil die wenige Hilfe über den Süden in das besetzte Gebiet kommt. Im Norden gibt es nach UNO-Angaben kein sauberes Trinkwasser mehr, die Stromversorgung ist zusammengebrochen, die Spitäler haben keine Medikamente mehr.
Laut den Vereinten Nationen erreichten im Januar nur 10 der 61 geplanten humanitären Hilfseinsätze das Gebiet nördlich des Wadi Gaza, 34 Hilfskonvois verweigerte Israel den Zugang. Auch im Süden des Gazastreifens gingen die israelischen Angriffe weiter, fast 80 Prozent der Einwohner in der umkämpften Region sind nach Angaben der UNRWA aus ihren Häusern vertrieben worden, mehr als die Hälfte von ihnen sind Kinder.
1,5 Millionen Menschen in Rafah
Die meisten der Vertriebenen versuchen, sich in der Nähe von Rafah in Sicherheit zu bringen, einer Stadt direkt an der Grenze zu Ägypten, die vor dem Krieg knapp 200’000 Einwohner hatte. Mittlerweile halten sich dort etwa 1,5 Millionen Menschen auf, ein Grossteil der Bevölkerung des Gazastreifens. Die Kämpfe im benachbarten Khan Younis treiben weitere Menschen nach Süden. Die UNO meldete israelische Angriffe auf mehrere Spitäler, dabei seien etliche Mitarbeiter des Palästinensischen Halbmonds ums Leben gekommen.
In Rafah leben die meisten Flüchtlinge unter freiem Himmel oder in Zelten. Es herrscht akuter Mangel an Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten. Israel hat weiter nur eine von drei Wasserpipelines in den Gazastreifen geöffnet, die Strom- und Kommunikationsleitungen ist ganz gekappt.
Der Internationale Gerichtshof hatte am 26. Januar Israel aufgefordert, mehr zum Schutz der Zivilisten in Gaza zu tun und eine bessere humanitäre Hilfe zu ermöglichen, seitdem sind im Schnitt täglich 144 Lastwagen nach Gaza gekommen, vor dem Krieg waren es jeden Tag noch 500. Seit dem Gerichtsbeschluss von Den Haag sind knapp 1500 Menschen in Gaza ums Leben gekommen, die meisten von ihnen Kinder und Frauen.
Hilfe aus den Niederlanden und Spanien
Die Schweiz hat sich bisher nicht zu einem Geldstopp für die UNRWA entschlossen. Deutschland stellte dagegen seine Hilfszahlungen ein, bis geklärt ist, wie sich zwölf UNRWA-Mitarbeiter am Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober beteiligen konnten. Die Niederlande haben ihre Zahlungen ebenfalls gestoppt, in Zusammenarbeit mit der jordanischen Luftwaffe wurden nun aber Hilfsgüter über Gaza abgeworfen.
Die spanische Regierung will dem UNO-Hilfswerk zusätzliche Finanzhilfen zukommen lassen. Es gehe um ein Volumen von 3,5 Millionen Euro, sagte Aussenminister José Manuel Albares in Madrid. Damit solle sichergestellt werden, dass diese «unverzichtbare Organisation» ihre Aktivitäten kurzfristig aufrechterhalten könne, erklärte Albares. Die Lage im Gazastreifen sei «verzweifelt».
Israel kündigte an, die Offensive in Richtung Rafah fortzusetzen, dort würden sich noch viele Kämpfer der Hamas befinden. «Wir werden uns auch um sie kümmern», kündigte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu an. US-Aussenminister Antony Blinken reist diese Woche erneut in den Nahen Osten, um die Gespräche über eine mögliche neue Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der Hamas voranzubringen. Wie Washington mitteilte, wird Blinken die Vermittlerländer Katar und Ägypten, Israel, das besetzte Westjordanland und Saudiarabien besuchen. Es ist bereits seine fünfte Nahostreise seit Beginn des Gazakriegs.
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