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Kreatives Tennistalent
Für ihren Traum klingelt sie an jeder Haustür

Jael Schwarz sammelt selber Geld für ihre Karriere.
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Es war ein grosser Aufsteller. Natürlich unterstütze sie diese Initiative, sagte die Frau, kurz nachdem die junge Dame an der Haustür ihr Anliegen vorgetragen hatte. «Schliesslich betreibt mein Sohn auch Leistungssport.» Und sie überreichte der Bittstellerin zwei Hunderternoten. So viel hatte die bei ihrer Aktion noch nie bekommen.

Der Name Fuchs hatte an der Haustür gestanden, und nach einem Anruf bei ihrer Mutter wusste Jael Schwarz, wer sie da so bereitwillig unterstützt hatte. Es war Renata Fuchs. Ihr Sohn, der «auch Leistungssport betreibt», ist Springreitstar Martin Fuchs. «Das war eines meiner schönsten Erlebnisse bisher», sagt Schwarz. Tennis spielt sie von Kindesbeinen an. Die Thurgauerin zählt seit dem Juniorinnenalter zu den Top 10 des Jahrgangs 2004. Sie war Junioren-Interclubmeisterin, spielte regelmässig internationale Turniere und hat bereits die NLA-Feuertaufe bei den Erwachsenen hinter sich.

Tennis auf nationalem und internationalem Niveau hat aber einen gewaltigen Nachteil – es ist mit enormen finanziellen Aufwendungen verbunden. Wer nicht zur absoluten Spitze zählt und so von starker Verbandsunterstützung profitiert, und wer sonst nicht ausreichend Geld mitbringt oder auf solvente Mäzene zählen kann, der riskiert, seine Träume vorzeitig begraben zu müssen.

Dieses Los drohte auch Jael Schwarz. Doch so schnell mochte sie nicht aufgeben, denn: «Ich bin tennisverrückt.» Und so hat sie sich zu kreativen Massnahmen entschlossen. Ein Crowdfunding machte den Anfang, und weil sie fand, es würde ihre Chancen erhöhen, wenn die potenziellen Spender sie auch kennen würden, entschied sie sich dafür, sich persönlich vorzustellen.

Auch kleine Beträge bringen sie weiter

Und so begann die «Haustürsammeltour». Zuerst klopfte sie in ihrem Wohnort Matzingen an jedes Domizil, und weil die Resonanz so positiv war, machte sie auch nach dem erfolgreichen Abschluss der Massnahme bei «I Believe in You» weiter. Im Nachbardorf Stettfurt war Schwarz, ebenso in Thundorf, und aktuell ist sie in Wängi, wo sie auch ihr zweijähriges Praktikum im Rahmen der Sport-KV-Ausbildung absolviert. Meist ist sie mehrmals pro Woche unterwegs, 30 Haustüren liegen pro Stunde etwa drin.

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Überall läutet sie, stellt sich kurz vor, überreicht einen Flyer und erklärt, dass sie Geld für die Finanzierung ihres Tennistraums sammle. Die Reaktionen seien überwiegend positiv, sagt die 19-Jährige: «Rund 85 Prozent finden mein Anliegen super, negative Reaktionen gibt es nur ganz selten.» Oft sind die Beträge klein, einen Fünfliber, eine Zehner- oder Zwanzigernote bekommt sie häufig. Und ist dafür dankbar: «Alles bringt mich weiter.» Zuletzt kam sie in einer Stunde auf 300 Franken.

Jael Schwarz sammelt nicht nur Punkte, sondern auch Geld neben dem Platz.

Einige Personen sind anfänglich zurückhaltend und wollen sich zuerst via Internet informieren. Bei vielen weicht aber die Skepsis, sobald sie die Website der jungen Sportlerin konsultiert haben. «Einige sind mir auch schon nachgerannt oder auf dem Velo nachgefahren und haben mir noch etwas zugesteckt», sagt sie und lacht. Das seien natürlich besonders schöne Momente, ebenso wie beispielsweise ein Feedback von letzter Woche auf Facebook. Dort steht geschrieben: «Ich bin beeindruckt, wie Jael ihr Glück selbst in die Hand nimmt und für ihren Traum von Tür zu Tür geht. Wer sich zum Klinkenputzen nicht zu schade ist und alle Hebel in Bewegung setzt, um dem gesteckten Ziel näherzukommen, verdient meines Erachtens jede Unterstützung.»

Internationale Turniere sind zu teuer

50’000 Franken veranschlagt sie für ein Jahr, darin enthalten sind Trainerkosten, Platzmieten etc. – nicht aber Massagen, Besuche beim Physiotherapeuten oder internationale Turniere. «Dafür reicht es aktuell einfach nicht», sagt sie. Dabei versucht sie alles, um die Kosten zu senken: Oft trainiert sie um 6 Uhr, häufig auch mit der Ballmaschine, immer wieder wirkt sie auch als Sparringspartnerin. Ihre Supporter und Gönner versorgt sie regelmässig mit Informationen über ihre Aktivitäten – auch hier macht sie alles selbst.

Will sie ihre Ziele erreichen – Top 20 in der Schweiz und ein Ranking in der Weltrangliste –, muss sie weiter Einnahmen generieren. Und weiter kreativ sein. «Meistens erfinde ich einfach etwas», sagt sie und lacht. Aktuell hat sie auch ein Hoodie-Projekt am Laufen, wo sich Firmen auf Pullovern verewigen können. Rund zehn Firmen haben schon zugesagt, darunter auch nationale Player. Bald wird die erste Serie gedruckt, eine zweite ist in Planung. Natürlich kann man via Website der jungen Sportlerin auch «normale» Sponsoringpakete generieren.

An Türen klopfen wird Jael Schwarz auch weiterhin. In Wängi ist sie erst knapp zur Hälfte durch, anschliessend wird sie sich nach Wittenwil und Aadorf aufmachen. Zudem wird sie an etliche Orte zurückkehren: «Einige haben mir gesagt, dass ich jederzeit wiederkommen kann.» Auch das würde auf dem Weg zu ihrem grossen Ziel helfen: «Ich träume davon, vom Tennis leben zu können.»