SBB-BetrugsfallFrühere Mitarbeiter müssen nur kleinen Teil der ertrogenen Millionen zurückzahlen
Das Bundesstrafgericht hat die milden Strafen der vier Haupttäter bestätigt. «Besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach», sagte der SBB-Chef.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat am Dienstag den Deal zwischen der Bundesanwaltschaft und den vier Haupttätern im grossen SBB-Betrugsfall abgesegnet. Damit müssen die vier Männer den SBB definitiv nur einen kleinen Teil der ertrogenen 3,2 Millionen Franken zurückzahlen, je zwischen 150’000 und 250’000 Franken. Zudem kommen sie mit bedingten Gefängnisstrafen von maximal 24 Monaten davon, wobei das Gericht einen Teil davon jeweils in bedingte Geldstrafen umgewandelt hat.
Das Strafmass hatte die Bundesanwaltschaft mit den vier Haupttätern in einem sogenannt abgekürzten Verfahren ausgehandelt – im Gegenzug gestand das Quartett die Taten schon vor dem Gerichtstermin. Als Hauptgrund dafür, die vergleichsweise milden Strafen zu akzeptieren, nannte Richterin Sylvia Frei die lange Verfahrensdauer von zehn Jahren. Diese sei «massiv strafreduzierend», sagte Frei.
Ein neuer Pool, ein Porsche oder Motorräder
Die vier Haupttäter – drei ehemalige SBB-Mitarbeiter und ein Mann aus der Baubranche – hatten die SBB von 2009 bis 2012 mit gefälschten Rechnungen um mindestens 3,2 Millionen Franken betrogen. Mit dem Geld renovierten sie sich ihre Häuser, bauten sich einen Pool in den Garten oder leisteten sich einen Porsche oder Harley-Davidson-Motorräder.
Alle vier zeigten sich vor Gericht reuig. «Die ganze Geschichte tut mir sehr leid», sagte einer. Die zehn Jahre dauernden Ermittlungen seien eine enorme Belastung gewesen. «Vermutlich war diese Strafe fast grösser, als was wir jetzt erhalten haben.»
Die Bundesanwaltschaft äussert sich nicht zur Frage, weshalb sich das Verfahren so sehr in die Länge gezogen hat. Eine Rolle gespielt haben dürften Wechsel in der Verfahrensleitung. Die nun vom Gericht abgesegneten Verurteilungen sind rechtskräftig.
Betrug noch viel grösser?
Doch weshalb gaben sich die SBB als Privatklägerin bei einem Schaden von 3,2 Millionen Franken mit Zahlungen von gesamthaft rund 800’000 Franken zufrieden? Dazu hat sich SBB-Chef Vincent Ducrot persönlich geäussert – in einer E-Mail an einen besorgten Bürger, der sich erbost an Ducrot gewandt hatte, nachdem diese Zeitung schon letzte Woche über den Fall berichtet hatte: «Es ist oft besser, einen Spatz in der Hand zu haben, als eine Taube auf dem Dach ...», schrieb Ducrot am Freitag. Solche Fälle seien «extrem komplex», und die Tatbeweise «oft sehr dünn». Erfahrene Anwälte hätten das langjährige Verfahren begleitet und «das geholt, was zu holen war».
Die SBB-Medienstelle erklärt auf Anfrage, die Bundesanwaltschaft habe die ermittelten Deliktsbeträge nicht in voller Höhe nachweisen können. «Auf Ersuchen der Bundesanwaltschaft hat die SBB wegen der schlechten Beweislage und nach einer sorgfältigen Risikoabwägung den reduzierten klar nachweisbaren Schadensbeträgen zugestimmt. Damit konnte das langjährige Verfahren abgeschlossen und ein Verjährungseintritt verhindert werden.»
Einer der Haupttäter tönte in seinem Schlusswort vor Gericht an, dass das Betrugsschema möglicherweise noch deutlich grösser war, als von der Bundesanwaltschaft aufgerollt. «Es wurde immer so argumentiert, als hätten wir das System mit dem Verrechnen erfunden. Aber: Das System bestand vorher, das hat schon immer so stattgefunden bei den SBB und gewissen Firmen», sagte er. Dazu schreibt die SBB-Medienstelle, es habe keine Hinweise gegeben, dass es zu weiteren strafbaren Handlungen gekommen sei.
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